Zwischen Dobrilugk und Zahna liegen 65 km und eine ganz unterschiedliche Geschichte, dennoch stehen beide Orte exemplarisch für den mittelalterlichen Landesausbau östlich der Elbe, der ja das Thema dieser Publikation ist. Man sollte daher auf dem Weg nach Zinna den Umweg nach Nordwesten nicht scheuen, denn der eindrucksvolle Bau der romanischen Feldsteinbasilika St. Marien in Zahna und ihre verwickelte Baugeschichte sind sehr interessant und lohnend.

Inhalt
Stadtgründung
Die Stadt Zahna liegt bereits in Sachsen-Anhalt, allerdings nur 7 km von der brandenburgischen Grenze entfernt, auf dem Gebiet, das im 12. Jh. zum Einflussbereich der Magdeburger Erzbischöfe gehörte. Als Zentrum ihres Landesausbaus hatten sie bereits 1170 das (nur 43 km von Zahna entfernte) Zisterzienserkloster Zinna gegründet. Während aber die Bauarbeiten in Zinna wegen der dortigen Unruhen (Konflikt zwischen Heinrich dem Löwen und dem Erzbischof sowie des von ihm angestachelten Slawenaufstands) ins Stocken gerieten, müssen sie in Zahna zügig weiter geführt worden sein, denn schon 1189 wird die Kirche erstmalig erwähnt. Ihr Vorbild liegt weniger in Zinna als in Burg bei Magdeburg. Dort war von den Magdeburgern nur wenig früher als in Zahna ein Doppelort (mit Ober- und Unterstadt) gegründet worden. Auch dieser lag im Slawengebiet, nur etwas weiter westlich und war mit zwei (1186 erstmalig erwähnten) romanischen Kirchen ausgestattet.
Baubeginn im 12. Jahrhundert
Alle drei Bauten in Burg und Zahna stammen aus dem letzten Drittel des 12. Jh. und sind Feldsteinbasiliken mit Querschiff (in dessen Ostwand sich zwei Nebenapsiden befinden), einschiffigem Chor und Apsis. Sie bestehen aus sehr sorgfältig bearbeiteten, in Lagen angeordneten Feldsteinquadern, besitzen ausschließlich rundbogige Fenster und Portale und unterscheiden sich nur in der Gestaltung der Westteile: Während in Burg die westlich der Elbe bevorzugte Doppelturmfassade verwirklicht wurde, wählte man hier, weiter im Slawenlande, den trutzigen Westriegel mit Satteldach. Dieser Bautyp verbreitete sich während des Landesausbaus und fand Nachfolger in Berlin, Altlandsberg, Strausberg und Pritzwalk.


Bauphasen
Erste Phase
Zur Zeit der Ersterwähnung müssen in Zahna die Ostteile und das Querschiff, die stilistisch aus einem Guss sind, fertig gestellt gewesen sein. Das Querschiff besaß zwei (jetzt abgerissene) Nebenapsiden, deren Rundbögen sich noch deutlich an der Außenseite abzeichnen, es hat aber auch heute noch zwei Portale, von denen das nördliche dreifach abgetreppt ist. Wie wir schon mehrfach gesehen haben, war von diesem Bauzustand an eine Nutzung als Kirche möglich, sofern man das Gebäude nach Westen mit einer provisorischen Mauer abschloss.





Zweite Phase
Der Weiterbau als Basilika begann im Süden: Die noch sichtbaren Fundamente des Seitenschiffs und die ersten Lagen des Westbaus nehmen die saubere Quaderung der Ostteile auf. Die jetzt sichtbaren Partien der vermauerten Arkaden lagen einst im Inneren des Gebäudes und waren zur Verputzung vorgesehen, deshalb verwendete man dafür relativ unbearbeitetes Bruchsteinmaterial. Das galt auch für die Mittelschiffspfeiler aus weniger gut bearbeiteten Quadern. Beim Bau des Obergadens wechselte man, vielleicht unter dem Einfluss des Klosters Dobrilugk, in die dritte Bauphase mit Backstein als Baumaterial über.

Auch am Westriegel muss schon während der zweiten Bauphase gearbeitet worden sein, denn auf seiner Südseite findet sich ebenfalls sauber gearbeitetes Quaderwerk. Direkt in seiner Mitte vollzog sich der Wechsel zum Ziegelstein als neuem Baumaterial. Das Westportal besteht bis in 1,50 m Höhe aus Feldstein, während sein mehrfach abgetreppter Rundbogen in Ziegeln ausgeführt wurde. Das muss relativ früh, noch vor der Epoche der Spätromanik geschehen sein, denn die für diese typischen Schmuckfriese fehlen in Zahna völlig.

Dritte Phase
In der dritten Bauphase entstanden nun komplett als als Ziegelbau die Nordseite des Schiffs, beide Obergaden mit lang gestreckten Rundbogenfenstern und der Westturm bis zum Dachansatz der Kirche. Ursprünglich hatte man den Westriegel aus Feldstein in der kompletten Breite des Gebäudes begonnen, jetzt führte man ihn in dieser Breite bis auf die Höhe der Seitenschiffe in Backstein weiter, dann wurde er mit deren Dachschräge auf Mittelschiffbreite eingezogen. An der Stadtkirche von Altlandsberg kann man eine solche Gestaltung der Westfassade heute noch sehen.

Im Innern des Turm-Erdgeschosses gab es im Norden zwei, im Süden eine Rundbogenarkade als Verbindung zu den Seitenschiffen, wie aus den vermauerten Bögen im Turm ersichtlich. Noch einmal 100 Jahre später, zur Zeit der Gotik, erhielt der Turm ein weiteres Obergeschoss mit großen, gotischen Schallarkaden. Ob auch eine Kirchturmspitze geplant war, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Diese hoch bedeutende, für eine mittlere Stadt auch ausgesprochen monumentale Kirche erlitt im 30jährigen Krieg schwerste Beschädigungen, alle Dächer gingen verloren und das nicht so stabile Mauerwerk westlich des Querschiffs geriet ins Wanken.


Heutiges Erscheinungsbild
Die Wiederaufbaumaßnahmen, nun in protestantischen Zeiten, veränderten das mittelalterliche Bauwerk radikal: Auf Nebenapsiden und die Seitenschiffe wurde völlig verzichtet und für die Vermauerung der Arkaden und der Apsiden verwendete man das reichlich anfallende feldsteinerne Trümmermaterial. Die zugesetzten Arkaden und der Übergang von den Seitenschiffen ins Querschiff sind in den jetzigen Mauern gut zu erkennen.



Die zugesetzten Balkenlöcher für den Dachstuhl der Seitenschiffe und die Ansatzkante deren Dächer lassen sich ebenfalls leicht ablesen. Auf diese Weise gelingt es gut, sich ein Bild des wunderbaren mittelalterlichen Kirchenbaus von Zahna zu machen. Als letzte Maßnahme des Wiederaufbaus setzte man dem Turm ein weiteres Geschoss mit einem Walmdach auf. Die Sakristei an der Nordseite des Chors ist höchstwahrscheinlich ein Neubau aus altem Baumaterial. Für eine Sakristei dieser Größe wäre bei einer noch vorhandenen Nebenapsis kein Raum gewesen.
Innenraum
Im Hauptschiff, das durch die Verkleinerung sowieso schon seine Weite verloren hatte, wurde eine Hufeisenempore für die Gemeinde eingebaut, was für den jetzigen, beengten Eindruck verantwortlich ist. Lediglich Chor und Querschiff haben trotz barocker Einrichtung ihre schöne romanische Ensemblewirkung bewahrt. Bei der Restaurierung des Fußbodens fand man die Grabplatte des sächsischen Landvogts, Ritter Albrecht von Leipzig, aber keine Grabstätte, da alle Grüfte dem Wiederaufbau nach dem 30jährigen Krieg zum Opfer gefallen waren.