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Germanen und Slawen
Der Landstrich, dessen Geschichte hier erzählt wird und dessen romanische Bauwerke beschrieben werden, erstreckt sich zwischen der Elbe im Westen, der Linie Elster-Elbe im Süden, Oder und Neiße im Osten und der heutigen Landesgrenze Brandenburgs im Norden. Wie der gesamte Siedlungsraum östlich der Elbe war er bis zum Beginn der Völkerwanderung von Germanen bewohnt, die den Stämmen der Semnonen und Sueben angehörten. Als diese aus nicht hinreichend geklärten Gründen nach Süden und Südwesten abgezogen waren, rückten aus dem Süden und Osten Slawen in die weitgehend menschenleeren Gebiete nach. Das Land blieb jedoch, wie auch schon zuvor, dünn besiedelt. Verbreitete, wenig fruchtbare Sandflächen, ausgedehnte Überschwemmungsgebiete und dichte Wälder waren die Ursache dafür.

Von A.Savin (Wikimedia Commons · WikiPhotoSpace) – Eigenes Werk, FAL
Die Wanderungsbewegung der Slawen war die Folge von Völkerverschiebungen noch weiter östlich, beispielsweise durch die der Awaren vom Aralsee zum Schwarzen Meer im 6. Jh. n. Chr. und erstreckte sich über den Zeitraum von ca. 600 bis 750 n. Chr. Sie betraf die Volksstämme der Obodriten, Wilzen und Pomoranen im Norden, der Heveller und Spreewanen in der Mitte und der Lutizen und Sorben im Süden des von uns behandelten Gebiets. Als Sammelname für die Slawen im Bereich Brandenburgs bürgerte sich die Bezeichnung „Wenden“ ein. Die meisten wendischen Stämme waren noch nicht christianisiert und gehörten auch nicht zum weiter östlich liegenden (christlichen) Herrschaftsgebiet der Piasten und Přemysliden, den Gründern des polnischen und böhmischen Staats. Sie lebten quasi auf einer heidnischen Insel, umgeben von christianisierten Gebieten und ihre Oberschicht teilte nicht den Aufstieg der Polen und Böhmen zu ebenbürtigen europäischen Fürstenhäusern. Im 12. Jh. begannen sich einige Lokalfürsten zwar ebenfalls dem Christentum zuzuwenden, die Missionierung der Untertanen erwies sich jedoch als schwierig. Die wendischen Stämme lebten wie eh und je in unbefestigten Dörfern, meist in der Nähe eines sogenannten Burgwalls oder einer Fliehburg. Von diesen befestigten Plätzen haben sich Spuren in Form von Erdaufschüttungen bzw. von Erdverfärbungen als Rest von Holzpfählen erhalten, so dass es möglich war, ihre Form zu rekonstruieren. Bei Raddusch im Spreewald wurde auf der Basis archäologischer Erkenntnisse eine solche Fliehburg wieder aufgebaut.
Karolinger und Ottonen
Das im Jahre 800 durch die Dynastie der Karolinger geschaffene Heilige Römische Reich hielt in mehreren Feldzügen gegen die Wenden den formalen Herrschaftsanspruch auf die Gebiete östlich der Elbe aufrecht. Durch die Einrichtung der so genannten Grenzmarken, deren Gebieter, die Markgrafen, eine hervorragende Stellung im Kreis der Reichsfürsten einnahmen, wurde die Eroberung des slawischen Territoriums am anderen Elbufer vorbereitet.
Als die Herrschaft des Heiligen Römischen Reiches von den fränkischen Karolingern auf die sächsischen Liudolfinger übergegangen war, griff König Heinrich I. den Stamm der Heveller an. Er nahm ihre Residenz, die Brandenburg ein, begnügte sich nach dem Sieg jedoch mit einer lockeren Oberhoheit über die Slawen. Sein Sohn Otto der Große wollte die Kontrolle über die ostelbischen Gebiete verstärken. Er verlieh seinem Vertrauten Graf Gero ehrenhalber den seit den Karolingern nicht mehr verwendeten Titel „Markgraf“ und beauftragte ihn, die Slawenlande zwischen Saale, Elbe, Elde, Peene, Oder, Neiße und dem Erzgebirge im Auftrag des Königs zu verwalten, Tribute einzutreiben, Rebellionen niederzuwerfen und Einfällen von außen entgegenzutreten. Dazu wurden überall im Lande Burgwarde gegründet, Bezirke, wo im Schutze einer (von den Sachsen beherrschten) Burg mehrere (meist slawische) Dörfer lagen.
Gebietsaufteilung und kirchliche Organisation
Nach Geros Tod (965) wurden aus der so genannten sächsischen Ostmark mehrere kleinere Marken gebildet. Die heutige Mark Brandenburg gehörte nun zur Nordmark, die im Süden vom Fläming begrenzt wurde. Andere Marken östlich der Elbe waren die Mark Lausitz und die Mark Meißen. Zur Christianisierung der Slawen in der Nordmark hatte Otto der Große schon 948 die Bistümer Havelberg und Brandenburg gegründet. Sie wurden später dem 968 geschaffenen Erzbistum Magdeburg unterstellt. Das Bistum Brandenburg erstreckte sich über die Mark Brandenburg, aber auch über Teile des Erzstifts Magdeburg, von Sachsen-Anhalt und von Sachsen-Wittenberg.
Bischöfe und Bistümer
Die christliche Tradition führt das Bischofsamt auf die Lehr- und Leitungsvollmacht zurück, die Jesus Christus den zwölf Aposteln übertragen hatte. Nach sogenanntem göttlichen Recht sind alle heutigen Bischöfe in einer ununterbrochenen Reihe mit den Aposteln (und diese wiederum mit Jesus) verbunden. Aus dem in seiner Echtheit umstrittenen Zitat in Matthäus 16, 18f leitet sich die katholische Überzeugung ab, dass Jesus den Apostel Petrus vor allen anderen mit seiner Stellvertreterschaft auf Erden beauftragte und ihn dadurch an die vorderste Stelle der Kirche als Institution stellte. Da Petrus auch als erster Bischof von Rom gilt, geht aus dieser Stellvertreterschaft Christi der Primat des Bischofs von Rom vor allen anderen Bischöfen hervor. Als Papst ist er ihr Vorgesetzter und mit dem Recht zur Ein- und Absetzung ausgestattet.
Ein Bistum ist ein territorial definierter kirchlicher Verwaltungsbezirk, in dem ein Bischof die kirchliche Leitungsfunktion inne hat, ein Erzbistum ein ganz besonders wichtiges oder über andere gestelltes, so wie im Rahmen dieser Publikation das Erzbistum Magdeburg. Zur Finanzierung des gesamten Klerus im Bistum diente eine Steuerzahlung der Untertanen, der Kirchenzehnte, der vor der allgemeinen Durchsetzung der Geldwirtschaft meist in Naturalien entrichtet wurde. Zusätzlich gehörte zum Amt eines Bischofs und seines Bistums auch dessen Ausstattung mit weltlicher Macht: Der Landesherr übertrug dem Bischof ein Territorium, das so genannte Hochstift, dessen Einkünfte er für sich verwenden konnte und in dem er das politische Sagen hatte.
Aus solcher Doppelfunktion der Bischöfe (Inhaber sowohl geistlicher als auch weltlicher Macht) erwuchs im Mittelalter der Investiturstreit, ob primär dem Papst oder dem Kaiser das Recht zur Einsetzung der Bischöfe zustünde. 1122 wurde im Wormser Konkordat ein Kompromiss (mit Vorteilen zugunsten des Papstes) geschlossen: Zuerst ernannte der Papst den Bischof und vollzog die Weihe, während anschließend die Einsetzung in das weltliche Amt durch den Kaiser erfolgte. Vor diesem geschichtlichen Hintergrund verlief auch die Errichtung der kirchlichen Strukturen in den neuen Territorien östlich der Elbe.
Bistum Brandenburg
Im Rahmen der Doppelfunktion gehörte zum Bistum Brandenburg auch das Hochstift Brandenburg, d. h. das weltliche Territorium des Bischofs, in dem er neben seiner geistlichen Funktion auch als Reichsfürst herrschte. Das Hochstift war ein unmittelbares (d. h. nur dem Kaiser verantwortliches) Herrschaftsgebiet des Heiligen Römischen Reichs und nicht Teil der Mark Brandenburg, auch war der Bischof dem Markgrafen nicht unterstellt. Anders als die traditionellen Bistümer (Mainz, Köln, Trier) war es aber mit nur geringem Grundbesitz ausgestattet, nämlich allein den Burgen Brandenburg, Pritzerbe und Ziesar und den dazu gehörigen Pfründen.
Wahrscheinlich wollte der Kaiser in der so wichtigen ersten Phase der Eroberung die Macht des Markgrafen nicht schmälern. Die Bischöfe mussten sich die Burg Brandenburg, auf deren Gelände die Kathedrale des Bistums stand, sogar noch mit dem Landesherrn und dem Kaiser teilen. Daraus resultierte eine deutlich schwächere Stellung der Brandenburger Bischöfe im Vergleich zu ihren Kollegen im Altreich, wogegen dem Markgrafen eine überragende Machtposition eingeräumt wurde.
Slawenaufstand
Bei der Neuorganisation des Landes östlich der Elbe bezogen die Ottonen die altansässige slawische Bevölkerung jedoch viel zu wenig ein, auch zeigten die neuen Herren wenig Skrupel im Umgang mit der einheimischen Oberschicht. Z. B. soll Markgraf Gero 30 Wendenhäuptlinge zu einem Festmahl eingeladen und anschließend umgebracht haben. Und auch die Christianisierung erfolgte mehr zwangsweise als durch Überzeugung, da den Slawen eine doppelte Sprachbarriere von Deutsch als Missionssprache und Latein als Kirchensprache entgegenstand. So ist es nicht verwunderlich, dass schon 983 ein großer Slawenaufstand die ottonische Herrschaft hinwegfegte, wobei auch die neu gegründeten Bischofssitze Brandenburg und Havelberg wieder verloren gingen. Die Slawenfürsten übernahmen erneut ihre ehemaligen Gebiete und die Christianisierung erlitt einen herben Rückschlag. Auch wenn sich an dieser Situation im 11. Jahrhundert und für insgesamt 150 Jahre nichts mehr änderte, hielt das deutsche König- und Kaisertum weiterhin an seinem Anspruch auf das Land östlich der Elbe fest. Die entsprechenden Markgrafen- und Bischofsämter wurden weiterhin besetzt, auch wenn die Amtsinhaber im Exil residierten und ihre Macht nur noch formal existierte.
Albrecht der Bär

Den Slawenfürsten gelang es jedoch nicht, im wiedergewonnenen Land stabile Herrschaftsstrukturen zu etablieren. Zu häufig lagen sie miteinander im Streit und einige von ihnen traten zum Christentum über, während ihre Untertanen heidnisch blieben. Die germanischen Fürsten westlich der Elbe nutzten diese Situation gern zur Einmischung, nicht zuletzt um die Option einer Rückeroberung aufrecht zu erhalten; insbesondere die Grafen von Ballenstedt aus dem Hause Askanien taten sich dabei hervor. (Der Name der Askanier leitet sich vom latinisierten Namen der Stadt Aschersleben ab und nicht von Ascanius, dem Sohn des Äneas, wie mancher Hof-Historiograph später gern behauptete).
Als Adelbertus von Ballenstedt (1100 – 1170) 1134 von Kaiser Lothar III. mit der Nordmark belehnt wurde, strebte er eine erneute Eroberung der östlichen Landesteile an, diesmal auf soliderer Basis als unter den Ottonen. Adelbertus, später bekannt geworden unter dem Namen Albrecht der Bär, hatte bereits um 1125 einen Erbvertrag mit dem getauften Hevellerfürsten Pribislaw geschlossen, der ihm im Falle des Aussterbens der slawischen Dynastie die Nachfolge im Herrschaftsgebiet Brandenburg zusicherte. Als Gegenleistung dafür hatte Albrecht Pribislaw wohl bei der Etablierung seiner Herrschaft unterstützt.

Zusammenarbeit mit der Kirche
Zunächst stärkte Albrecht die Strukturen der Kirche östlich der Elbe. Dazu bedurfte es der Zusammenarbeit mit dem Erzbistum Magdeburg, das die von den Slawen eroberten Bistümer Brandenburg und Havelberg verwaltete. Das um 1015 gegründete Liebfrauenkloster in Magdeburg spielte beim Landesausbau im Osten eine wesentliche Rolle. Es wurde 1129 vom Magdeburger Erzbischof Norbert von Xanten den Prämonstratensern übergeben, einem Orden, den er selbst im Jahre 1120 in Prémontré bei Laon gegründet hatte. Die Prämonstratenser waren eine Gemeinschaft von Priestern mit Ordensgelübde (auch Chorherren genannt, aber keine Mönche!), deren adlige Mitglieder nach der Regel des hl. Augustinus lebten. Die Tatsache, dass sie über eine theologische Ausbildung verfügten und nicht in Klausur leben mussten, machte sie für Missionsarbeit besonders geeignet. Noch unter Norbert gründeten die Prämonstratenser östlich der Elbe 1139 das Kloster Leitzkau und unter seinem Nachfolger 1144 das in Jerichow, für die Albrecht die weltliche Schutzherrschaft (Vogtei) übernahm. Diese beiden religiösen Zentren der Prämonstratenser (zu denen später noch die ebenfalls prämonstratensischen Domstifte Brandenburg und Havelberg kamen) organisierten die Mission und den Aufbau kirchlicher Strukturen im Gebiet östlich der Elbe.
Allerdings war Albrecht nicht der Einzige, der seine Herrschaft auf ostelbische Gebiete ausdehnen wollte. Konkurrenz erwuchs ihm von Anfang an durch den Erzbischof Wichmann von Seeburg, einem der bedeutendsten Kirchenfürsten seiner Zeit. Da das Erzbistum Magdeburg, dem er vorstand, über einen großen Territorialbesitz verfügte, war der Erzbischof gleichzeitig auch Landesherr, der bei dem Vorhaben einer Expansion keinesfalls zurückstehen wollte. Er konzentrierte sich zunächst auf elbnahe Gebiete, stieß dann aber auch bis nach Brandenburg vor, wo er einen Landesausbau betrieb, der dem von Albrecht dem Bären glich: Anwerbung von Kolonisten aus dem Rheinland und Flandern, Gründung von Burgwarden (Jüterbog) und Klöstern (Zinna). Nach den eingewanderten Niederländern heißt dieses Gebiet seitdem Fläming.
Andere Konkurrenten
Zu den weiteren Territorialherren, die in die ostelbischen Gebiete expandierten, zählte Albrechts Sohn Bernhard III. als Herzog von Sachsen. Nach dem Sturz Heinrichs des Löwen bekam er vom Kaiser das stark verkleinerte Herzogtum übertragen und begründete die anhaltinische Linie Sachsens mit dem Sitz in Bernburg. Weiter im Süden begann die Dynastie der Wettiner unter Otto dem Reichen in der Mark Meißen sowie unter Dietrich II. in der Mark Lausitz ebenfalls mit dem Landesausbau. Otto, der seinen Namen von den ausgiebigen Silbervorkommen bei Freiberg bekam, residierte auf der Burg Meißen und gründete das Kloster Altzella, die spätere Familiengrablege der Wettiner während Dietrich sein Zentrum in der Burg Landsberg bei Halle/Saale hatte und das Kloster Dobrilugk stiftete. Auch slawische Fürsten beteiligten sich am Landesausbau im Osten mit den gleichen Methoden wie ihre deutschen Konkurrenten: Anwerbung deutscher Siedler und Gründung von Dörfern, Burgen, Städten und Klöstern. Boleslaw I. stammte aus dem polnischen Geschlecht der Piasten und agierte als Herzog von Schlesien von Breslau aus. Das gleiche taten die Herzöge von Pommern aus dem Geschlecht der Greifen (Bogislaw I. und Barnim I.) mit dem Sitz in Stettin. Sogar der dänische König Waldemar I. (als zeitweiliger Herrscher Pommerns) betätigte sich am Landesausbau zwischen Elbe und Oder.
Wendenkreuzzug
Ein merkwürdiges Ereignis, in dem sich diese konkurrierenden Unternehmungen bündelten, ist der Wendenkreuzzug von 1147. Er fällt in die Zeit des Zweiten Kreuzzugs (zu dem er auch gezählt wird), in der die abstruse Idee einer „Rückeroberung“ der Heiligen Stätten in Palästina (die ja schon 500 Jahre lang nicht mehr im Besitz des – jetzt byzantinischen – Kaisers waren) das Denken von Klerus und Fürsten in Europa ergriff und bereits zu einer bodenlosen Vergeudung von Menschenleben und Ressourcen geführt hatte. Aber der vom Papst ausgegebenen Maxime „Gott will es“ konnten und wollten sich sowohl Herrscher als auch Untertanen nicht entziehen.
Bei weitsichtigeren Fürsten entstand deshalb die Idee einer „Umlenkung“ der Kreuzzugsbewegung auf näher liegende Ziele. In ganz Nord- und Osteuropa gab es „heidnische“ Gebiete und in vielen Grenzgebieten des Heiligen Römischen Reiches kam es zu Konflikten zwischen der christlichen Kirche und nichtchristlichen Bewohnern. (Inbesondere, wenn eine so aggressive Missionspolitik betrieben wurde wie zu Zeiten Markgraf Geros östlich der Elbe). Anstatt die „Ungläubigen“ fern der Heimat zu bekämpfen, konnte man das doch viel besser „zu Hause“ erledigen und dabei das eigene Territorium um „herrenloses Land“ erweitern. Besonders geeignet erschienen dabei die dünn besiedelten Gebiete zwischen Elbe und Oder, auf die uralte Ansprüche bestanden und deren Fürsten weder genug politische noch militärische Macht besaßen, sich den Eroberern entgegenzustellen.
Vor allem der Sachsenherzog Heinrich der Löwe erkannte das Potenzial dieser neuen „Ostpolitik“ und vernachlässigte bei ihrer Verfolgung seine Pflichten als Lehensmann des Kaisers Friedrich Barbarossa so gravierend, dass dies zu seinem späteren Sturz führte. Doch zunächst stellte er sich (als erst 18-jähriger!) an die Spitze des so genannten Wendenkreuzzugs, einer so durchschaubar eigennützigen Unternehmung, dass auch alle anderen Konkurrenten um neues Siedlungsland sofort an seiner Seite standen, um gegen ihn nicht ins Hintertreffen zu geraten. Albrecht der Bär war als Erster dabei, aber auch der König von Dänemark wollte nicht zurückstehen und sogar christliche Slawenfürsten nahmen teil. Die geografische Zielrichtung lag dabei für Heinrich den Löwen nördlich (im Gebiet von Elbe und Elde), für Albrecht den Bären in der Mitte (in Brandenburg), für die Magdeburger und Sachsen im Süden (in der Lausitz und in Meißen), während sich die Dänen auf das nordlöstliche Oderland konzentrierten. Auch eine bemerkenswerte Anzahl von Bischöfen nahm an der Unternehmung teil, so dass die Prominenz der Teilnehmer viele andere Kreuzzüge übertraf. Trotz der rein machtpolitischen Ausrichtung des Kreuzzugs gab der Abt von Cluny und Propagandist der Kreuzzugsidee, Bernhard von Clairvaux, sein Plazet zu dem kruden Unternehmen.
Ziele einer solchen Aktion zu formulieren, fiel schwer, denn wenn man aufrief, Ungläubige zu töten, beraubte man sich der zukünftigen potentiellen Untertanen, ging es um bloße Eroberung, war die kriegerische Auseinandersetzung mit Konkurrenten um die Beute unausweichlich. So stand die Bekehrung der „Heiden“ im Vordergrund, der die Slawen durch Aufstellen von Kreuzen und Annahme der Taufe schnell die Luft herausnahmen, insbesondere wenn sie bei der Verteidigung in Bedrängnis gerieten. Der Verzicht auf die allzu radikale Umsetzung der Kreuzzugsidee bewirkte, dass der Zug gegen die Wenden nicht die Gräuel seiner Vorbilder wiederholte, sondern sich schnell die Einsicht durchsetzte, neue Gebiete nur durch friedliches Zusammenleben mit den Einheimischen und Entwicklung und Ausbau des Landes dauerhaft gewinnen zu können. Der „Kreuzzug“ beschränkte sich dabei (mit einigen unschönen Ausnahmen) auf das Abstecken der Einflusssphären der Konkurrenten und wurde auch schon nach drei Monaten beendet.
Leitzkau als Basis des Landesausbaus
Albrecht der Bär zog die meisten Vorteile aus diesem Unternehmen, denn ihm gelangen Maßnahmen mit weitreichenden Folgen: Die Erneuerung der Bischofssitze Havelberg und Brandenburg, die Gründung einflussreicher Klöster und die Anwerbung von Siedlern, die unverzüglich mit dem Landesausbau begannen. Als Basis für diese Unternehmung diente Albrecht ein schmaler Landstreifen östlich der Elbe nahe Magdeburg, der auch nach dem Aufstand unter christlicher Herrschaft verblieben war.
In Leitzkau baute er an der Stelle, wo schon um 1102 Hartbert als nomineller Bischof von Brandenburg einen Fachwerkbau errichtet hatte, einen Stützpunkt der christlichen Mission des Ostens aus und bediente sich dabei der Prämonstratenser aus dem Magdeburger Liebfrauenkloster. Sie ersetzten den Holzbau schrittweise durch eine Steinkirche, das Baumaterial war Grauwacke aus den Steinbrüchen bei Gommern. 1114 wurde das erste Teilstück St. Petrus, dem Schutzheiligen des Bistums Brandenburg, geweiht. Da Albrecht mit der Eroberung der verlorenen Gebiete zugleich auch die Erneuerung des Bistums Brandenburg plante, wertete er 1133 die St. Petrikirche zum Prämonstratenser-Chorherrenstift auf, dessen Kleriker diese Aufgabe durchführen sollten.
Die älteste Kirche Brandenburgs

Propst Wigger (Stellvertreter des Abts im magdeburgischen Liebfrauenkloster) wurde 1138 zum nominellen Bischof des Bistums Brandenburg mit Sitz in Leitzkau geweiht. Ab 1139 wohnte er hier im Chorherrenstift, in einer Gemeinschaft von Klerikern, die zwar nach den Ordensregeln des Augustinus lebten, aber auch Weltgeistliche waren, denen es erlaubt war, das Kloster zu verlassen. Ihre Aufgaben waren Dienst am Menschen durch priesterliche Seelsorge und theologische Studien, aber auch alltägliche Arbeit.
Eine Urkunde von 1139 bestätigte der Gemeinschaft alle Rechte und Institutionen eines bischöflichen Amts, wertete sie also zum Domstift auf, doch die Mönche führten den Bau ihrer schlichten Kirche einfach weiter: Bis 1140 entstand eine kleine (nur 40 m lange) dreischiffige Basilika mit Querschiff und sehr langem einschiffigem Chor. Sie besaß eine Hauptapsis am Chor und zwei Nebenapsiden am Querschiff. Wahrscheinlich erhoben sich über den Armen des Querschiffs zwei Türme, worauf der heutige (später veränderte) noch hindeutet. Über den ersten beiden, etwas dickeren Pfeilern im Westen (außen als Mauervorsprung sichtbar) wird sich eine Empore oder Herrscherloge befunden haben. Dieses unprätentiöse Gebäude, von dem trotz aller Entstellungen noch bemerkenswerte Teile erhalten blieben, ist der älteste noch stehende Steinbau des Bistums Brandenburg!

Schwarz: romanisch, weiß: verschwundene Seitenschiffe und Apsiden, schräg-schraffiert: Vermauerungen, kreuz-schraffiert: Neubau
Nach Abriss der Apsiden und Seitenschiffe, der Vermauerung der Mittelschiffsarkaden und der Veränderung aller Fensteröffnungen muss man allerdings intensiv in der Struktur des Mauerwerks der heutigen Dorfkirche „lesen“, um die Reste der „ersten Kathedrale Brandenburgs“ noch zu identifizieren. Damit steht gerade dieses Bauwerk exemplarisch für das, was die brandenburgische Romanik ausmacht: Etwas scheinbar Unspektakuläres entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als durchaus bedeutend und kann eine faszinierende Geschichte erzählen.


Sancta Maria in Monte

Eine bescheidene Anlage wie die von St. Petri konnte den Repräsentationansprüchen eines Domstifts und Bischofssitzes natürlich nicht dauerhaft genügen, deshalb veranlasste Wigger bereits 1142 einen kompletten Neubau auf einem Hügel etwas außerhalb von Leitzkau. Die zweitürmige, monumentale Klosterkirche „Sancta Maria in Monte“, benannt nach der Schutzheiligen des Liebfrauenklosters in Magdeburg (woher die Mönche kamen), entstand wie die umfangreichen Konventgebäude bis 1155. Durch die Säkularisierung des Kirchenbesitzes nach der Reformation ist die Kirche als Teil des Münchhausenschlosses (das in der Renaissance auf den Klostermauern errichtet wurde) in großen Teilen bis heute erhalten geblieben, wenn auch nur als malerische Ruine.

Der Strom der Geschichte jedoch verlief in eine andere Richtung: Wigger nahm noch 1147 am Wendenkreuzzug teil und versuchte negative Einwirkungen desselben auf sein künftiges Bistum zu verhindern, als der (christliche) Slawenfürst Pribislaw kurz vor seinem Tod 1150 Wiggers Prämonstratenser nach Brandenburg an der Havel berief. Sie sollten dort ein Domkapitel mit einer Kathedrale aufbauen, was sie am Standort der heutigen St. Gotthard Kirche umgehend zu verwirklichen begannen, während das Kloster in Leitzkau mehr und mehr an Bedeutung verlor.
Konkurrenter Landesausbau
Die „Nordmark“ war territorial nur vage definiert und das ließ viel Spielraum für weitere Eroberungen, insbesondere von Albrechts Konkurrenten. Burgenbau, Gründung von Städten und Dörfern sowie die Herbeirufung von Zisterziensern und anderen Orden waren wichtige Instrumente zur Konsolidierung der Eroberungen und deshalb folgten die Mitbewerber ebenfalls Albrechts Beispiel. Z. B. waren die Klöster Jerichow und Zinna Magdeburger Gründungen, Dobrilugk eine der Wettiner aus der Mark Lausitz, die Festung „Grützpott“ bei Stolpe dänisch, die Burgen Belzig, Rabenstein und Wiesenburg sächsisch und das Kloster Marienfließ sowie Burg Putlitz eine Gründung der Edlen von Putlitz.
Im Kerngebiet der Mark Brandenburg setzte sich jedoch Albrecht der Bär souverän durch. Als Geschichtsquelle für seine Machtübernahme besitzen wir den „Tractatus de urbe Brandenburg“ des fiktiven Autors Henricus de Antwerpe. Historikern ist es gelungen, aus zwei unterschiedlichen Abschriften der Quelle, die viele nachträgliche Einfügungen (Interpolationen) enthielten, den etwa 1170 entstandenen Originaltext herauszudestllieren. Er besagt, dass der Hevellerfürst Pribislaw, der nach seiner Taufe den germanischen Namen Heinrich angenommen hatte und bereits die Einrichtung eines Domkapitels in Brandenburg betrieb, 1150 überraschend starb. Seine Witwe Petrussa war bereit, die für diesen Fall vorgesehene Machtübergabe an Albrecht vorzunehmen, der ebenfalls die Zeit für eine endgültige Rückgewinnung des Landes gekommen sah. Zuerst besetzte er die Burg Brandenburg, musste aber zunächst einen Rückschlag hinnehmen: Auch der polnisch/wendische Fürst Jaxa, ein Onkel Pribislaw/Heinrichs und ebenfalls bereits zum Christentum übergetreten, erhob Anspruch auf das Erbe. In einem Handstreich übernahm er Pribislaws Hauptsitz und setzte sich in der Burg Brandenburg fest. Deshalb musste sich Albrecht sein neues Gebiet erkämpfen und erst als Jaxa besiegt und auf seine Herrschaft Köpenick zurückgedrängt war, konnte Albrecht die erste überlieferte Urkunde ausstellen, in der er sich „Markgraf in Brandenburg“ nannte. Unmittelbar im Anschluss an diese Ereignisse kam es zur Gründung des Doms zu Brandenburg an der heutigen Stelle, inmitten der Burg.
Friedliche Übernahme
Dass die Übernahme der Herrschaft durch die Askanier relativ friedlich erfolgte, sieht man an der Tatsache, dass der rebellische Jaxa seiner Herrschaft niemals enthoben wurde, sondern 1176 eines natürlichen Todes starb, nachdem er sein Herrschaftsgebiet zwischen Dahme, Spree und Oder an den (slawischen) Herzog von Pommern vererbt hatte. Auch von Massakern an der slawischen Bevölkerung und von Vertreibungen erzählen die geschichtlichen Quellen kaum etwas. Vielmehr von Ortsnamen mit dem Präfix „Wendisch“, wo die Slawen unter sich blieben oder von deutschnamigen Orten mit ausschließlich deutschen Einwohnern; in der Regel lebten aber beide Volksgruppen im selben Ort zusammen.
Dennoch kam es beim Prozess der Besiedlung auch zu Ungleichheiten, denn den einheimischen Slawen wurde in der Regel weniger Land als den zugezogenen Neusiedlern zugeteilt. In Notzeiten blieb ihnen oftmals nichts anderes übrig, als sich zur Sicherstellung des Lebensunterhalts bei den Neuankömmlingen zu verdingen. Auch betrieben Slawen vielerorts einzig und allein die Gewerke Imkerei und Fischfang, was sie aus den Vereinigungen der Händler und Handwerker (Gilden und Zünften) ausschloss. Der heute noch für die Bezeichnung spezieller Wohnviertel gebräuchliche Ausdruck „Kietz“ stand damals für eine slawische Dienstmannensiedlung am Ortsrand von Burgorten. Trotz alledem erfolgte aber die gegenseitige Assimilierung und Vermischung relativ schnell, so dass Siedler und Slawen bald zu einer einheitlichen Bevölkerung zusammenwuchsen. Der einzige Slawenstamm, der auch heute noch Wert auf seine herkunftsmäßige, sprachliche und kulturelle Eigenständigkeit legt, sind die Sorben in der Lausitz.
Siedlungspolitik

1165 konnte der Grundstein des Brandenburger Doms gelegt werden, 1170 (im Todesjahr des Markgrafen) folgte die Einweihung des Havelberger Doms. Gleichzeitig begann Albrecht das Ausbauprogramm zur Sicherung des Landes: Siedler aus der Altmark, den askanischen Stammbesitzungen am Harz, aber auch aus Flandern und vom Rhein wurden in die neue Mark Brandenburg gerufen.
Neusiedler
Viele Niederländer verließen ihre damals von schweren Sturmfluten geplagte Heimat und beteiligten sich zunächst am Deichbau an der Elbe, bevor sie ins neu gewonnene Land östlich des Flusses weiterzogen. 1160 wurden Brandenburg, Havelberg, Werben, Arneburg, Tangermünde, Osterburg und Salzwedel als Hauptburgen der Mark genannt und zur gleichen Zeit erhielt Stendal das Stadtrecht nach Magdeburger Art, womit die Gründung von Städten in Brandenburg eingeleitet wurde.
Die Neusiedler wurden mit Privilegien und Versprechen angeworben, weil von Kriegsgefangenen und Fronarbeitern wenig Effizienz zu erwarten war. Als Anreiz zur Auswanderung in Richtung Osten befreite man sie in den ersten Jahren vom Zehnten und sonstigen Abgaben, bis das urbar zu machende Land Erträge abwarf. Die Abgaben waren dann im Vergleich zur Heimat weit weniger drückend und der Zug nach Osten brachte auch einen Gewinn an persönlicher Freiheit.
So konnten Neusiedler zu Erbpächtern werden, der Pächter konnte im Falle der Einigung mit dem Grundherrn sogar sein Land verkaufen und sich im Erbfall seinen Nachfolger selbst wählen. Das Land konnte ohne Erbteilung als Ganzes vererbt werden und blieb dadurch profitabler. Unbemessene Frondienste wie z.B. Hilfe beim Kirchen- oder Burgenbau für den Bischof oder den Landesherrn und die Pflicht zur Heeresfolge gab es hier nicht, so dass sich die Bauern ganz auf den Aufbau ihres neuen Gehöftes konzentrieren konnten.
Lokatoren
Der Landesausbau der Mark Brandenburg stellte eine große kulturelle Leistung dar und wurde nach einem einheitlichen Plan durchgeführt, aus dem sich auch die große Anzahl mittelalterlicher Dorfkirchen erklärt, denn laut Plan sollte in jedem neu gegründeten Dorf eine Kirche entstehen. Eine Bauernstelle war jeweils für den Priester vorgesehen, der oft ebenfalls zur Gruppe der Neusiedler gehörte. Auf diese erste Ansiedlungsaktion unter Albrecht dem Bären und seinem Sohn Otto I. im Fläming erfolgte unter seinen Enkeln Otto II. und Albrecht II.nach 1200 eine zweite, wesentlich größere Besiedelungsphase. Diese dehnte sich auch auf die Gebiete des Teltow im Süden und des Barnim im Osten aus. Von nun an wurden die Pfarrstellen durch den Bischof, den Abt eines Klosters oder die Leitung eines Kirchenkreises (Dekanat) besetzt.
Rechte und Pflichten der Neusiedler regelte man normalerweise in einem Vertrag des Gründungsunternehmers (Lokators) mit dem Grundherrn. Lokatoren spielten eine wichtige Rolle im Prozess des geplanten Landesausbaus. Sie entstammten meist der gehobenen Schicht der Stadtbürger oder gehörten zum niederen Adel und wenn sie hinreichend Erfahrungen, Organisationsgeschick und eine gute Ausbildung besaßen, sowie über ein größeres Vermögen und gute gesellschaftliche Verbindungen zum Feudalherrn und dem Klerus verfügten, standen ihnen gute Karrieremöglichkeiten offen. Im Auftrage eines Grundherrn oder auch eines Bischofs waren sie für die Anwerbung der Siedler sowie für die Urbarmachung, Vermessung und Zuteilung des zu erschließenden Landes verantwortlich.
Die Angeworbenen mussten in der Anfangsphase der Neusiedlung versorgt und mit Arbeitsmaterialien wie Saatgut, Zugtieren und landwirtschaftlichem Gerät ausgestattet werden. Der Lokator hatte somit bei der Gründung von Städten und Dörfern die wichtigste Funktion, oftmals erhielt der neu gegründete Ort seinen Namen (Heinrichsdorf = Heinersdorf, Richardsdorf = Rixdorf, Reinhardsdorf = Reinickendorf). Manche Lokatoren verzichteten darauf sesshaft zu werden und konzentrierten sich auf den bloßen Ansiedlungsprozess, indem sie nach erfolgreicher Dorfgründung sogleich erneut begannen Neusiedler anzuwerben.
Der Lokator wird Schulze
Bei der Landverteilung erhielt der Lokator die doppelte Menge Land (das er auch von Dienstleuten, so genannten Kossäten, bearbeiten lassen konnte) und wurde Dorfschulze (Schultheiss), der die Steuern eintrieb, selbst von der Steuerzahlung befreit war und die niedere Gerichtsbarkeit ausübte. Die Einnahmen gingen zu je einem Drittel an den Grundherrn, die Kirche und den Lokator. Der Landesherr konnte ihm das Schulzenamt auch als erbliches Lehen geben, womit er Lehnschulze wurde, oder ihn zum Besitzer eines Ritterguts machen, wodurch er in den Adelsstand aufstieg.
In der zur Zeit des Landesausbau entstandenen Heidelberger Handschrift des Sachsenspiegels findet sich eine ebenso schöne wie aufschlussreiche Darstellung der wesentlichen Vorgänge bei der Neubesiedlung. Der Sachsenspiegel, eine Auflistung des damaligen (vorwiegend sächsischen) Gewohnheitsrechts, wurde zwischen 1220 und 1235 von Eike von Repgow, einem sächsisch-anhaltinischen Ministerialen zusammengetragen. Dem mittelniederdeutschen Text fügte man wunderbare Illustrationen bei, die ihn näher erläutern sollten. Auf Blatt 26r der Heidelberger Handschrift befinden sich unten zwei Bildstreifen und ein Text, die auf die Ostsiedlung eingehen.

Der Grundherr links, erkennbar am grünen Gewand und dem Herrenschapel (Stirnreif mit daran befestigten Zweigen) überreicht dem durch einen Strohhut gekennzeichneten Lokator die Gründungsurkunde, die den Neusiedlern das Erbzinsrecht an ihren Bauernstellen verleiht. Sie ist mit einem dreieckigen Siegelanhang versehen, auf dem steht: „Ego dei gra[tias] do = Ich, von Gottes Gnaden, gebe). Das unbebaute und deshalb niemandem gehörige Land („ein neues Dorf von wilder Wurzel“, wie es im Text daneben heißt) wird von den Bauern gerodet und mit dem dabei gewonnenen Bauholz werden Häuser gebaut (rechts).
Der untere Teil der Darstellung zeigt den Lokator bei einer Gerichtsverhandlung vor dem Westteil der bereits fertig gestellten Dorfkirche. Drei klagende Bauern berufen sich auf die mit dem gleichen Siegelanhang versehene Urkunde, in der auch das Dorfrecht niedergelegt ist. Der Lokator lehnt mit einer Gebärde, mit der auf den Bildern des Sachsenspiegels gewöhnlich die Urteilsverkündung dargestellt wird, ihre Klage gegen einen Fremden (im darüber stehenden Text als „wendic man“ bezeichnet) ab, weil das Dorfrecht für ihn nicht gilt. Das ist auch an der abwehrenden Geste des links stehenden Wenden (dargestellt mit kürzerem Haar als die Bauern und Wickelstrümpfe tragend) erkennbar. In der Szene wird deutlich, dass sich die juristische Amtsgewalt des Lokators (Dorfschulzen) nur auf die niedere Gerichtsbarkeit erstreckt, während das Allgemeine Landrecht (das auch bei Streitigkeiten zwischen Neusiedlern und Slawen angewendet wurde) vom Grundherrn oder von ihm bestallten Richtern praktiziert wurde.
Siedlungsformen: Städte
Stadtentwicklung
Städte hatten sich in den deutschen Kernlanden zumeist aus einer Keimzelle entwickelt, einem Brennpunkt, an dem viele Menschen zusammenkamen. Das konnte eine Furt durch einen Fluss, die Kreuzung wichtiger Straßen, die Nähe einer sie beschützenden Burg oder ein Kloster sein. Die Einmündung eines Flusses in einen anderen, ein Rastplatz zwischen zwei schon bestehenden Städten oder eine Schutz bietende Topografie (Insel- oder Höhenlage) waren weitere Faktoren, die zur Bildung einer Ansiedlung führten. In Süd- und Westdeutschland kamen noch die römischen Kastelle und Städte hinzu, die am Ende der Antike von ihren Gründern aufgegeben und verlassen wurden. Im Frühmittelalter nistete sich hier die einheimischen Bevölkerung ein und machte die zu Ruinen verkommenen Steinbauten neuen Zwecken nutzbar.
In allen Fällen dauerte es geraume Zeit, bis sich aus einer Keimzelle eine Stadt entwickelte. Ihr wichtigstes Kennzeichen war das Stadtrecht, in dem einheitliche Rechtsgrundsätze für alle Bewohner festgelegt wurden. Bei seiner Formulierung orientierten sich die Städtegründer an Orten, in denen man es bereits seit längerem erfolgreich praktizierte. Für den von uns dargestellten Bereich war das Magdeburg, dessen Stadtrecht als besonders praktikabel galt und sich zwischen Elbe und Oder und sogar weit über die Grenzen des Deutschen Reiches hinaus verbreitete. Neben dem Recht waren die Organisation des Marktes (Stapelrecht, Niederlagsrecht und Anlage eines zentralen Platzes) sowie der Bau von Befestigungsmauern weitere Essentials der Stadtwerdung.
Planstadt
Die Möglichkeit der allmählichen Entwicklung aus einer Keimzelle zur Stadt war bei der Besiedlung des Ostens nicht gegeben, denn hier ging es um die gezielte Neugründung von Dörfern wie auch von Städten. Der Gründungsprozess einer Planstadt unterscheidet sich deutlich vom langsamen Wachstum einer Stadt: Es begann mit der Absteckung des künftigen Stadtareals, das möglichst schnell mit einer Palisade umwallt wurde. Anschließend erfolgte die Parzellierung der Grundstücke, am praktischsten auf einem gitterförmigen Grundriss. Größere Parzellen für einen Marktplatz sowie für Kirche und Rathaus ließ man frei. Die Verteilung der Grundstücke erfolgte nach ökonomischen Prinzipien, die Kaufleute um den Marktplatz herum, die Handwerker in von Straßen umgebenen insulae, wo sie ihren Betrieb ausbreiten konnten und die Ackerbürger, die weite Wege zu ihren Feldern außerhalb des Stadtgebiets zurückzulegen hatten, am Stadtrand in der Nähe der Tore.

Städtisches Selbstbewusstsein
Die Tatsache, dass alle Aufgaben zur Stadtwerdung in gemeinsamer Arbeit der Bürger verwirklicht wurden, führte zur Ausbildung eines starken Selbstbewusstseins der Stadtbewohner, welches sich in dem Willen äußerte, weitgehend unabhängig vom Stadtgründer (sei es der Landesherr, ein Adliger, der Lokator oder der Abt eines Klosters) zu werden. Das konnte durch Abkauf von deren Rechten geschehen, aber auch durch gewaltsame Auseinandersetzung. Als Endergebnis dieses langwierigen Prozesses verwalteten sich die Städte durch einen Rat selbst, besaßen eine eigene Rechtsprechung und versuchten, einen möglichst großen Status der Unabhängigkeit von jedweder Herrschaft zu bewahren. Städtebünde waren ein probates Mittel dafür und mehrere märkische Städte (darunter auch Berlin) waren Mitglied der Hanse.
Das städtische Selbstbewusstsein artikulierte sich am deutlichsten im Bau von Stadtmauern, die die Palisadenzäune der Anfangszeit ersetzten. Das geschah ab dem letzten Drittel des 13. Jh. in einer Zeit, als sich die Städte hinreichend konsolidiert hatten um solch ein aufwändiges Projekt bewältigen zu können. Die frühesten Exemplare in Strausberg, Gransee, Templin und Prenzlau bestehen noch aus Feldstein und sind mit vielen turmartigen Vorsprüngen versehen, den Wiekhäusern, die eine Überwachung der toten Winkel der Stadtmauer erleichterten. Stark befestigte Tore, oft versehen mit Zwingern und Barbakanen sicherten die Zugänge zur Stadt. Ausweislich der spitzbogigen Tordurchfahrten und der meist schlichten Schmuckformen gehören die steinernen Stadtbefestigungen in die Zeit der frühen Gotik. (Die Stadt Strausberg besteht allerdings darauf, dass ihre Befestigung schon vor 1250, also noch in der Epoche der Spätromanik entstand). Im 14. Jh. setzte sich dann Backstein als Baumaterial für Stadtbefestigungen durch.
Siedlungsformen: Dörfer
Dorfgründung
Der Platz für dörfliche Siedlungen wurde nach ähnlichen Kriterien wie bei Städten bestimmt, zu allererst aber nach der Qualität des zu bebauenden Bodens. Dann folgte die Lage an einem Fluss oder See, an einer Straße oder in der Nähe einer Burg oder eines Klosters. Da sich die Bauern nicht selbst verteidigen konnten (Dörfer waren in der Regel unbefestigt), waren sie auf den Schutz durch Adlige oder Ritter angewiesen, denn die mittelalterliche Gesellschaftsstruktur behielt das Privileg des Waffenbesitzes und das Recht zu kämpfen allein dem Adel und dem Ritterstand vor. Dieser „Schutz“ brachte die Bauern oft wieder in Abhängigkeit vom Adel, der sie durch ihre Auswanderung eigentlich entgehen wollten. Insbesondere in Notzeiten (hervorgerufen durch Unwetter oder Missernten) kauften adlige Schutzherrn gern Bauernhöfe auf und vereinigten sie mit ihrem Besitz zu großen Rittergütern, auf denen die ehemals Freien nun als Hörige lebten. Aber davon konnten die Siedler noch nichts ahnen, als sie unter der Führung ihres Lokators einen passenden Siedlungsort und die geeignete Siedlungsform suchten.
Dorfformen
Die ursprünglichste Form bäuerlichen Zusammenlebens war das Haufendorf, das sich im Laufe der Zeit ungeplant aus einem Einzelhof zu einem Weiler (Kleinsiedlung) und schließlich zu einem Dorf mit lockerer oder aber geschlossener Bebauung entwickelt hatte, wobei die Höfe unregelmäßig und haufenartig verteilt waren. Diese Dorfform ist in den Altsiedlungsgebieten Mitteleuropas weit verbreitet, nicht aber in Brandenburg, da hier die Dörfer planmäßig errichtet wurden.
Die simpelste Idee der geplanten ländlichen Ansiedlung war das Straßendorf, wo beiderseits der Straße schmale, aber nach hinten hinaus sehr lange Flurstücke an die Siedler verteilt wurden. Die wichtigsten Parzellen lagen in der Mitte, wo man in der Regel die Kirche und den Dorfkrug errichtete. Selbstverständlich nahm hier auch der Lokator oder der Gutsherr, dem auch die Gerichtsbarkeit oblag, seinen Sitz. Jedem Siedler stand eine Hufe Land zu (ca. 15 ha = 150 000 m2), die Hufe entsprach etwa der Grundgröße, die nötig war, einer Bauernfamilie ein Auskommen zu gewährleisten. Der Lokator, oft auch die Kirche, erhielten von Anfang an mehrere Hufen Land. Ein Straßendorf besaß gleichermaßen Vor- und Nachteile: Es konnte mühelos wachsen, denn Neuankömmlinge erhielten ihr Grundstück gleich neben der letzten Parzelle; aber andererseits konnte durch ein zu langes Dorf auch der soziale Zusammenhang verloren gehen. War die zentrale Straße, an der die Häuser lagen, nur kurz und schmal, so wird auch die Bezeichnung Gassen- oder Sackgassendorf verwendet.
Beim Angerdorf weitete man die Dorfstraße in der Ortsmitte auf und legte dort den Anger an, ein linsenförmiges Stück Land, das allen Bewohnern gehörte und das vielfältig genutzt werden konnte. Es bot Platz für den Dorfteich, der als Brandschutz angesichts der reetgedeckten Holzhäuser von essentieller Bedeutung war. Die Dorfschmiede als sehr feuergefährlicher Ort wurde gern daneben platziert. Der Anger diente den Bedürfnissen der Dorfbevölkerung beispielsweise als Kommunikationsstätte, Gemeindeweide und Gerichtsplatz, in fast allen Fällen nahm er die Dorfkirche und oft genug auch den Friedhof auf. Angerdörfer sind der charakteristische Siedlungstyp des mittelalterlichen Landesausbaus in Brandenburg. Durch den stets von weiterer Bebauung frei gehaltenen Dorfplatz hat sich der Grundriss des Angerdorfs selbst dann noch erhalten, als im 19. Jh. viele Dörfer allmählich von den wachsenden Großstädten aufgesogen wurden. Das ist in Berlin noch besonders gut in Marienfelde, Lankwitz und Buckow zu erkennen.
Daten der Kartengrundlage von Openstreetmap – Veröffentlicht unter ODbL
Der Rundling ist eine Sonderform des Angerdorfs. Hier gruppieren sich die Wohnhäuser um einen großen kreisförmigen Anger, der über eine Stichstraße mit der Durchgangsstraße verbunden ist. Die Grundstücke hinter den Häusern weiten sich fächerförmig auf und werden dadurch größer, sind aber nur in begrenzter Anzahl vorhanden. Sind alle vergeben, kann ein solches Dorf nicht mehr wachsen. Im Wendland, westlich der Elbe, wurde der Rundling zur bevorzugten Siedlungsform der slawischen Bauern, allerdings erst nach der Ankunft der Neusiedler (Vielleicht sollten die Slawendörfer eine bestimmte Größe nicht überschreiten?).
Klöster
Albrechts Nachfolger, seinem Sohn Otto I. (vor 1128 – 1184) ist die Gründung des Zisterzienserklosters Lehnin zu verdanken. Sie hatte aus mehreren Gründen eine besondere Bedeutung. Zisterzienser widmeten sich an allen Stätten ihres Wirkens besonders dem Landesausbau. Die bevorzugten Orte für Zisterziensergründungen lagen von jeher in zu entwickelnden Gebieten. So hatten sie sich im Laufe der Jahre darauf spezialisiert, Land urbar zu machen, Garten- und Ackerbau sowie Fischzucht zu betreiben und auch der anliegenden Bevölkerung die Grundlagen autarken Wirtschaftens, auch auf dem Gebiet des Handels, zu vermitteln. Die Zisterzienserklöster waren an allen ihren Standorten Zentren nicht nur des geistlichen Lebens sondern auch der Schul- und Berufsbildung und des Gesundheitswesens.

Eine weitere besondere Bedeutung lag in Lehnins Funktion als askanisches Hauskloster mit der Grablege der Dynastie. Auf dem Gebiet der heutigen Mark Brandenburg entstanden zur Zeit der Romanik neben Lehnin auch noch die Zisterzienserklöster Zinna und Dobrilugk, allerdings erbaut von anderen Landesherren als den Askaniern: das erstere auf Veranlassung des Erzbischofs von Magdeburg, letzteres durch den Markgrafen der Lausitz. Hatten die Prämonstratenser in Havelberg, Brandenburg und Jerichow in erster Linie die Christianisierung des Landes im Auge, ging es den Zisterziensern jetzt um dessen dauerhafte Sicherung und Weiterentwicklung. Erst in einer dritten Welle, mit der gezielten Gründung von Städten, gelangten auch die Predigt- und Bettelorden wie Franziskaner und Dominikaner in die Mark. Ihre Gründungen fallen aber bereits in die Zeit der Gotik.
Ritterorden
Eine eigenständige Rolle beim Landesausbau Brandenburgs nahmen die Ritterorden ein. Nach dem Ende der Kreuzzüge im Heiligen Land hatten sich alle Orden neue Betätigungsfelder gesucht. Die Goldbulle von Rimini, eine Urkunde des Stauferkaisers Friedrich II., sicherte z. B. den Deutschrittern die heidnischen Gebiete der Prußen im Weichselgebiet (außerhalb des Heiligen Römischen Reiches!) nach Erobererung und Missionierung als Eigentum zu, was einen Strom von Rittern dieses Ordens in die Gebiete im Osten auslöste. Auch die anderen Ritterorden wandten sich solchen Tätigkeiten außerhalb des Reiches zu. Aber zwischen Elbe und Oder, einem Gebiet das selbst nach der Besiedlung durch slawische Stämme immer als Reichsgebiet angesehen wurde, war diese Eroberungsstrategie nicht möglich. Deshalb verhielten sich die Ritterorden hier etwas bescheidener und beteiligten sich lediglich als Lokatoren und Missionare am Landesausbau.

Durch die Gründung von Kommenden (auch Komtureien genannt), einer Mischung aus Kloster, Burg und Siedlung konnten sie sich im neu besiedelten Land Stützpunkte auf dem Weg in den Osten schaffen und gleichzeitig den Dienst im Zeichen des Kreuzes aufrecht erhalten. Ritterorden, die in Brandenburg eine Rolle spielten, waren bis zu ihrer gewaltsamen Auflösung im Jahre 1312 zunächst die Templer, danach die Johanniter, die auch den Templerbesitz erbten und vor allem der Deutsche Ritterorden, der stets enge Beziehungen zu Brandenburg unterhielt und dessen ostpreußische Besitzungen nach der Reformation an das Haus Hohenzollern fielen, das daraus das Königreich Preußen formte.
Burgen
Anders als die Jahrhunderte lang dem gleichen Zweck dienenden Kirchen waren Burgen durch die Entwicklung der Kriegstechnik einem starken Modernisierungsdruck ausgesetzt und die Vervollkommnung der Feuerwaffen machte sie letztlich ganz obsolet. Die besonders in Brandenburg vorkommenden häufigen Kriegsereignisse haben viele von ihnen völlig verschwinden lassen oder nur noch Ruinen oder durch neue Nutzungen stark überformte Reste übrig gelassen. Die Stammburgen der Eroberer (Askanier, Wettiner, Magdeburger und andere) lagen an oder westlich der Elbe im Gebiet des Deutsch-Römischen Reiches, also außerhalb des neuen Territoriums. Das Stammgebiet der Askanier war z. B. die Altmark mit der Hauptstadt Stendal.
Die erste nach dem Zug gen Osten von ihnen eroberte Burg in Brandenburg an der Havel ist spurlos verschwunden, an ihrer Stelle ließ Albrecht der Bär den neuen Dom errichten. Auch der anschließend als Residenz genutzte markgräfliche Hof existiert nicht mehr, weil sein Grundstück an die Dominikaner zum Bau des Pauliklosters vergeben wurde. Das Interesse der brandenburgischen Askanier richtete sich ohnehin weiter nach Osten, in Richtung Berlin, was zum Bau der Burg Spandau führte (1197 erstmals erwähnt, aber in ihren Anfängen ebenfalls schon auf Albrecht zurückgehend). Von ihr existieren heute noch der romanische Juliusturm und bei archäologischen Grabungen entdeckte Grundmauern.
Die anderen romanischen Burgen Brandenburgs gehörten Bischöfen oder Adelsgeschlechtern und dienten zur Abgrenzung und Verteidigung des neu erworbenen Besitzes gegen benachbarte Konkurrenten. Burg Ziesar war Sitz des Hochstiftes Brandenburg und Residenz des Bischofs, von ihrem romanischen Ursprungsbau existieren noch beeindruckende Reste.
Burg Wittstock, 1244 als Stadtburg gegründet, wurde 1271 Residenz der Bischöfe von Havelberg. Die erhaltenen Gebäude entstammen aber alle erst der Zeit der Gotik, wie auch die der Plattenburg, die vor 1200 von den Askaniern gegründet wurde und später den Bischöfen von Havelberg als Sommerresidenz diente.
Burg Belzig war Sitz der Burggrafen von Brandenburg, den Stellvertretern der Reichsmacht im neu eroberten Gebiet, die durch dieses Amt in ständigem Konflikt mit dem Landesherrn Albrecht dem Bären lagen. Nach dem Aussterben der Grafen von Belzig fiel ihr Besitz unter langen Auseinandersetzungen als erledigtes Lehen an die sächsische Linie der Askanier, was bis 1815 anhielt, als Sachsen-Anhalt im Wiener Kongress Preußen zugesprochen wurde. Neben dem in voller Höhe aufrecht stehenden Bergfried gibt es in Belzig ausgegrabene Grundmauern der romanischen Burg mit einer gut erhaltenen Burgkapelle.
Burg Rabenstein entstand als Kontrollburg an der Heerstraße Belzig-Wittenberg, erbaut von Vasallen der Grafen von Belzig. 1251 wird in einer erhaltenen Urkunde ein Conradus de Rauenstein genannt. Die Burg dürfte aber schon vor dem genannten Datum bestanden haben, wie aus dem Baustil der erhaltenen Teile wie Ringmauer, Torgebäude und Bergfried hervorgeht. Es handelt sich um die gleichen stilistischen Merkmale wie bei den spätromanischen Dorfkirchen im Fläming, z. B. die exakte Bearbeitung des Baumaterials aus Feldstein sowie die in der Ringmauer erkennbaren jetzt aber zugesetzten Rundbogenfenster, die in die Zeit von 1200-1220 weisen, auch die Ähnlichkeit des Bergfrieds mit dem in Belzig unterstreicht diese Annahme.
Burg Wiesenburg wird zwar in einer Urkunde von 1161 als Besitz Albrechts des Bären erwähnt, kam aber bald darauf, 1180, in den Besitz der sächsischen Askanier, die sie zur Verteidigung gegen die Magdeburger und Brandenburger nutzten. In der heutigen Schlossanlage aus dem 15. bis 19. Jh. sind noch viele romanische Bauteile wie der Bergfried, Teile der Ringmauer und das innere Burgportal erhalten.
Die Stolper Burg (der so genannte Grützpott) ist eine einmalige Anlage im östlichen Brandenburg. Sie wurde von den slawischen Pommern vor 1200 auf einem alten Burgwall (einer aus Erde angeschütteten Fluchtburg) der ebenfalls slawischen Ukranen auf einer Anhöhe über der Oder errichtet. Das geschah aber erst, als Pommern 1184 unter dänischen Einfluss geraten war und unter deren Einfluss der Landesausbau im Süden des Slawengebiets forciert angegangen wurde. Zur Sicherung ihres neuen Einflussgebiets errichteten die Pommern – mithilfe dänischer Handwerker und Materialien – eine trutzige Turmburg auf einer Anhöhe am westlichen Ufer der Oder. Eingepasst in die slawischen Burgwälle entstand ein mächtiger steinerner Donjon, ein Burgentyp, den es sonst nur in Frankreich und England gibt. Dabei handelt es sich um einen bewohnbaren, quasi Bergfried mit meterdicken Mauern. Da auch die Brandenburger bei ihrem Landesausbau in diese Gegend vorstießen, besaß die Turmfestung eine überragende strategische Bedeutung und wurde nach dem Teltow-Krieg und dem Vertrag von Landin schließlich 1250 von ihnen übernommen.
Die rechteckige Niederungsburg Storkow wurde vermutlich vor 1200 im Rahmen der Ostbesiedelung (wahrscheinlich an Stelle einer slawischen Sumpfburg, worauf der slawische Name sturkuowe = Sumpf hindeutet) vom Markgrafen der Lausitz, dem Wettiner Konrad II. erbaut. Urkundlich erstmals 1209 in einem Dokument Kaiser Ottos IV. erwähnt, ist die Burg allerdings 20 Jahre älter und zählt damit zu den frühen Burganlagen in Brandenburg. Nach dem Ende des Teltow-Krieges wurde sie von den Wettinern als Grenzsicherung gegen die Askanier ausgebaut und von ca. 1250 bis 1382 an die Ritter von Strehla als Lehen vergeben. Ihnen folgten ab 1384 im Erbgang die von Biberstein, die die Burg als Verwaltungssitz nutzten. 1518 an den Bischof von Lebus verpfändet, wurde das Gebäude um 1520 zur bischöflichen Residenz ausgebaut. Erst nach der bischöflichen Nutzung fiel sie 1556 an Johann von Küstrin aus dem Hause Hohenzollern. Den Gebäuden der Burg war ein ungünstiges Schicksal beschieden, so brannten sie mehrmals völlig ab, zuletzt 1976 und wurden stets für neue Zwecke wieder errichtet, wobei die Originalsubstanz aus der Anfangszeit erheblich verändert wurde. Umrundet man das Gebäude von außen, kann man die aus unbearbeiteten Feldsteinen gefertigte Ringmauer gut erkennen, die auf die Romanik zurückgehen dürfte, während die ältesten teilweise erhaltenen Gebäude, Amtshaus und Palas gotisch, bzw. aus der Renaissance sind.
Vermutlich veranlasst durch eine Erbteilung um 1250 begründeten die Ritter von Strehla den Bau der Burg Beeskow an der Spreeüberquerung als zweites Herrschaftszentrum. Nach dem verlorenen Teltow-Krieg gegen die Askanier im Jahre 1245 sollte die Nordgrenze des wettinischen Herrschaftsgebietes durch die drei Wasserburgen Storkow, Beeskow und Friedland gesichert werden. Beeskow entwickelte sich in der Gotik zu einer stattlichen Anlage, die wie Storkow später von den Bischöfen von Lebus als Residenz genutzt wurde und schließlich an die Hohenzollern fiel. Wie in Storkow sind romanische Reste im unteren Teil der Umfassungsmauern erhalten, in Beeskow zusätzlich unter einem abgebrannten Wirtschaftsgebäude an der Burgmauer, gegenüber dem Eingang. Der spätgotische Palas ist von beeindruckender Größe.
Burg Putlitz ist der Stammsitz des Adelsgeschlechts der Gans, Edle zu Putlitz, das 1147, beim so genannten Wendenkreuzzug in die Mark gekommen war. Johannes Gans baute die Burg aus und begann mit dem Landesausbau, indem er Siedler anwarb, Städte gründete und 1230 das Kloster Marienfließ stiftete. Die eher kleine Burg Putlitz dürfte nach seinem Machtzuwachs keine große Rolle mehr gespielt haben, so dass sie im Laufe der Jahrhunderte verfiel. Es handelte sich um eine auf einem Hügel liegende Wasserburg, deren Ringgraben durch den Fluss Stepenitz gespeist wurde. Auf der Kuppe des Hügels standen die von einer Ringmauer umgebenen Burggebäude, von denen der Bergfried (restauriert 1890) noch aufrecht steht. Direkt an ihn angrenzend, wie bei der Burg Spandau, liegt ein rechteckiger Raum, wahrscheinlich der Palas, dessen Fundament noch erhalten und dessen Fußboden durch Steinplatten markiert ist. Beide Bauteile bestehen aus Backstein (der Bergfried allerdings auf einem Sockel aus behauenem Feldstein), während die erhaltenen Teile der Ringmauer aus weniger behauenen Feldsteinen gefügt sind. Innerhalb des recht kleinen Bereichs der Ringmauer finden sich noch weitere Reste, darunter ein Keller, die aber eher nicht den ersten Bauphasen angehören dürften.
Teltow-Krieg und Vertrag von Landin: Konsolidierung Brandenburgs
Wegen der Fortsetzung des Landesausbaus und der Erstarkung und Vergrößerung des askanischen Territoriums unter den brandenburgischen Markgrafen Otto II. (nach 1147 – 1205) und seinem Bruder Albrecht II. (vor 1177 – 1220) ergaben sich weitere Konflikte mit dem Erzbischof von Magdeburg (der neben seinem geistlichen Amt auch als weltlicher Herr über den größten Teil seines Bistums gebot), den Wettinern und den sächsischen Askaniern. Die Auseinandersetzungen kulminierten auf dem Teltow und dem Barnim, wo Ottos Widersacher einen Keil in sein expandierendes Territorium treiben wollten. Ottos Nachfolger, die Brüder Johann I. (1213 – 1266) und Otto III. (1215 – 1267) entschieden diese Auseinandersetzungen im Teltow-Krieg und im Magdeburger Krieg (1239 – 1245) zugunsten der Brandenburger. Die Wettiner und die Magdeburger zogen sich auf ihre Gebiete im Süden und Westen zurück, während die askanischen Markgrafen im Osten bis zur Oder vordrangen. Im Norden gewannen sie durch den Vertrag von Landin 1250 auch noch die Uckermark hinzu, die der Herzog von Pommern im Austausch gegen askanische Erbansprüche an der Ostsee abtrat.
Ab jetzt erstreckte sich Brandenburg von der Grenze Mecklenburgs im Norden bis zum Teltow im Süden und von der Elbe bis zur Oder. Die markgräflichen Brüder betrieben auch die gezielte Neugründung von weiteren Städten, insbesondere auf dem Barnim und dem Teltow. Die Gründung der Doppelstadt Cölln/Berlin war dagegen schon vor ihrer Regierungszeit erfolgt, wie neueste Untersuchungen belegen. Sie sollte später der Hauptort Brandenburgs und die Hauptstadt Brandenburg/Preußens werden und das Datum ihrer Ersterwähnung in einer Urkunde von 1237 als Gründungsdatum feiern, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt bereits seit 70 Jahren existierte. Die Expansion Brandenburgs war nach dem Teltow-Krieg beileibe nicht zu Ende, denn jetzt wurde die Oder überschritten und auf dem anderen Ufer die Neumark gegründet.

Ende der brandenburgischen Askanier
Bei den Askaniern waren stets alle direkten männlichen Nachkommen erbberechtigt (deshalb regierten oft mehrere Brüder gleichzeitig), aber 1319, nach dem Tode Waldemars, starb die Dynastie aus. Als zurückgefallenes Lehen ging die Mark Brandenburg an den Deutsch-Römischen Kaiser. Um seine Hausmacht zu stärken, vergab der aus dem Hause Wittelsbach stammende Kaiser Ludwig (IV.) der Bayer die Mark an seinen minderjährigen Sohn Ludwig den Brandenburger, was eine lange Phase von Unruhen und Wirren im Land auslöste. Auch nach dem Rückzug der Wittelsbacher und dem Übergang an das Haus Luxemburg hielten diese Zustände an. Die Mark war zur bloßen Einnahmequelle für beide Dynastien verkommen, der lokale Adel maßte sich die Rechte des Landesherrn an, Fehden und Raubrittertum waren an der Tagesordnung. Erst 1417, mit der Belehnung des Burggrafen von Nürnberg aus dem Hause Hohenzollern, Friedrich I. von Brandenburg begann der Wiederaufstieg des Landes.
Wüstungen
Die Besiedlung und Melioration der neuen Gebiete war nicht durchgängig ein Erfolgsmodell, in einer Vielzahl von Fällen mussten bereits gegründete Siedlungen auch wieder aufgegeben wurden. Ein wesentlicher Grund dafür war die Tatsache, dass die Bodenqualität der „Streusandbüchse Mark Brandenburg“ anderen Regionen grundsätzlich unterlegen war. Auch innerhalb des Landes differierte sie stark und je mehr Siedler kamen, desto schwieriger wurde es, brauchbare Agrarflächen für alle zu finden.
Hervorgerufen durch schlechte Erträge, reifte im Laufe der Zeit in manchen Siedlungen die Erkenntnis, sich am falschen Ort niedergelassen zu haben. Darauf reagierten die Siedler, indem sie alle bewegliche Habe einpackten und sich einen neuen Siedlungsort, oft weiter im Osten, suchten. Die bereits erbauten Holzhäuser überließ man dem Verfall und schon nach wenigen Jahren waren sie quasi spurlos verschwunden. Dennoch gerieten diese „wüsten“ Orte nicht völlig in Vergessenheit, da oftmals der Ortsname sowie Flurnamen in Erinnerung blieben und bestimmte archäologische Spuren wie Abfallgruben, Keller, Straßen und Wege noch lange sichtbar oder in Benutz waren.
Oder eine Ruine, meistens die der ehemaligen Feldsteinkirche, kündete mitten im Wald oder auf verlassener Feldflur von einer „Wüstung“. Die romantische Konnotation dieses Begriffes leitet sich von der Vorstellung ab, dass an solcher Stelle etwas tragisch untergegangen sein musste. Der Anblick einer Ruine in der Wildnis erzeugt Bilder von verheerenden Kriegsereignissen, nach denen niemand übrig geblieben war, ein zerstörtes Dorf wieder aufzubauen. Oder von Pestepidemien, die ganze Landstriche entvölkerten und anstelle von blühenden nur wüste Orte hinterließen.
Auch die wiederholten Plünderungszüge räuberischer Soldateska z. B. im 15. Jh., während der Hussitenkriege, bei denen die sowieso schon nicht wohlhabende Landbevölkerung all ihre Habe verlor, konnten zur Aufgabe vieler Orte beigetragen haben. Von allen diesen Katastrophen war jedoch der 30jährige Krieg, der zu Anfang des 17. Jh. in großen Teilen auf dem Territorium der Mark Brandenburg tobte, das einschneidendste Ereignis, das viele Dörfer wüst fallen ließ. Aufgrund der über Generationen anhaltenden Kriegsereignisse und der ständigen Verwüstungen des Landes war die Bevölkerungszahl Brandenburgs so dramatisch gesunken, dass manche Dörfer einfach keine Bewohner mehr hatten.

Die Wirklichkeit war aber deutlich nüchterner als solch dramatische Ereignisse, denn bevor ein Ort zur Wüstung wurde, hatte er in der Regel eine lange Niedergangszeit hinter sich. Kein Mensch verlässt ohne zwingende Gründe sein Heim und so werden die wenigen übrig Gebliebenen eines Dorfes erst dann weggegangen sein, wenn die Aufrechterhaltung einer Dorfgemeinschaft unter keinen Umständen mehr möglich erschien. Allerdings war die Neubesiedlung eines verlassenen Ortes auch nicht ausgeschlossen, was besonders häufig nach dem 30jährigen Krieg vorkam.
Museumsdorf Düppel
Das wüste Dorf bei Zehlendorf (heute: Museumsdorf Düppel) ist ein ein gutes Beispiel für das wüst Werden eines Ortes aufgrund von schlechtem Ackerland. Nachdem die kleine ursprüngliche Raststation zum Dorf herangewachsen war, erkannten die Siedler, dass die Felder nicht genug abwarfen um allen ein gutes Auskommen zu gewähren. Den benachbarten Dörfern Krummensee und Slatdorp ging es ähnlich. Noch in der ersten Phase der Besiedlung suchten sich die Bewohner einen neuen, größeren Standort mit besserem Boden, das nahe gelegene heutige Zehlendorf, ein Ort mit einem slawisch-deutschen Mischnamen. Ob eine solche koordinierte Maßnahme vom Landesherrn oder von einem Lokator initiiert wurde wissen wir nicht. Vom Museumsdorf sind weder der Ortsname noch irgendwelche Flurnamen erhalten geblieben, seine Entdeckung verdanken wir ausschließlich der Archäologie, die ausgehend von Scherbenfunden auf dem Gelände durch Grabungen die Spuren der Holzarchitektur des Dorfes (in Form von Erdverfärbungen) freilegte.
Stadtwüstung Freyenstein
Ein ganz anderes Beispiel, nämlich die Wüstung einer ganzen Stadt, liegt in Freyenstein vor. Hier hatte sich unter den Einwohnern nach mehreren Zerstörungen innerhalb der ersten drei Generationen die Erkenntnis verfestigt, die Stadt zu groß und an schlecht zu verteidigender Stelle angelegt zu haben. Deshalb verlegten sie sie 1287 um einige hundert Meter und rissen, nachdem sie eine neue Stadtmauer auf kleinerem Grundriss errichtet hatten, alle alten Gebäude ab und verwendeten die Baumaterialien in der Neugründung. Die wüst gefallene Stelle, die unterirdisch noch jede Menge Steinmaterial enthielt, das man in Keller und Straßen verbaut hatte, wurde niemals wieder überbaut. Das eröffnete der Archäologie im 21. Jh. die Möglichkeit, am alten Platz nach der Gründungsstelle, die nie völlig in Vergessenheit geraten war, zu graben und tatsächlich fanden sich die genannten archäologischen Relikte, bis heute in situ erhalten.
Wüstung Bornsdorf
9 km südlich von Luckau gelegen, geriet das Dorf im 13. und 14. Jh. in die Einflusszone zweier konkurrierender Mächte, des Erzbistums Magdeburg und des Herzogtums Sachsen. Deren ständige Fehden mit negativen Auswirkungen auf die Dörfer im umstrittenen Gebiet, sowie andere Überfälle marodierender Truppen müssen dazu geführt haben, dass die Bewohner ihr nunmehr unsicheres Dorf verließen und ca. 1 km weiterzogen, um im Schutze des befestigten Stammsitzes einer Adelsfamilie zu siedeln. Hier errichteten sie im 15. Jh. eine neue Kirche und gaben die alte auf, die mehr und mehr in Verfall geriet. Heute bildet sie den stimmungsvollen Mittelpunkt des hierher verlegten Bornsdorfer Friedhofs.
Ähnlich wie die unweit gelegene Dorfkirche von Riedebeck stammt die Ruine der Wüstung aus der Zeit um 1220/40 und ist eine einfache Saalkirche. Erhalten geblieben sind nur die eindrucksvolle geschlossene Westseite sowie die unmittelbar daran anschließenden kurzen Mauerpartien der nördlichen und südlichen Längsseiten. Das Feldsteinmaterial besteht aus vielen Lagen kleinerer und dazwischen einzelnen Lagen größerer gequaderter Feldsteine. Für die Gebäudekanten benutzte man nur große Steine, die mit der gewohnten Akkuratesse scharfkantig abgearbeitet wurden. An den kurzen erhaltenen seitlichen Partien lässt sich auch noch die Zweischaligkeit des sauber gefügten mittelalterlichen Mauerwerks ablesen. Der dazwischen liegende Mauerkern wurde dagegen mit unregelmäßigem Steinmaterial gefüllt und mit Mörtel vergossen.

In erstaunliche Höhe ragt noch der deutlich dünnere Giebel auf, der durch ein plastisches Rundfenster (Okulus) mit dreifach getrepptem Gewände geschmückt wird. Wie bei den Klangarkaden in Riedebeck besticht es durch den Kontrast von sorgfältig verarbeitetem hellerem Feldstein und schwarzem Material aus Raseneisenstein. (Auf der Rückseite des Giebels ist die Rosette nur als einfaches Fenster ausgebildet, das der Belichtung des Dachraums diente). Außerdem enthält die Giebelwand in der Spitze ein kleineres, einmal getrepptes rundes Blendfenster sowie zwei etwas einfachere weiter unten. Portale und Fenster existieren nicht mehr, so dass man sich für eine Datierung an die Bearbeitung der Quader und den stilistischen Vergleich mit Riedebeck halten muss, wo eine dendrochronologische Untersuchung ein Baudatum von 1220 bis 1240 ergab.
Wüstung Dangelsdorf
Die letzte der hier vorgestellten Wüstungen befindet sich im Wald des Flämings bei Görzke, wo die (bis vor kurzem noch höchst romantische) Kirchenruine von Dangelsdorf steht. Da ihr Verfall dramatisch zugenommen hatte, entschloss man sich kürzlich, die Ruine zu sichern und das marode Feldsteinmauerwerk mit diversen Ziegelmauern abzustützen. Dem zauberhaften Eindruck des wüsten Orts war diese Maßnahme leider stark abträglich.

Die Ruine wird auf ca. 1300 datiert – kurz nach der brandenburgischen Spätromanik – und gehört bereits der Frühgotik an. Sie ist eine einteilige Saalkirche ohne Apsis, mit gerade geschlossener Ostwand und einem stilentsprechenden Lanzettfenster darin. Was Dangelsdorf für uns interessant macht, ist die Westfassade, auf der sich noch, in für den Ruinenzustand erstaunlicher Höhe, die Vorderwand des Dachreiters erhebt, der für die Flämingkirchen charakteristisch ist. Hier haben wir also den Beweis, dass solche Dachreiter, deren drei rückwärtige Seiten in Fachwerk ausgeführt waren, zum ursprünglichen Bau der betreffenden Kirchen gehörten. Ebenfalls bemerkenswert ist der gute Erhaltungszustand des Putzes innen und außen sowie die Existenz einer Friedhofmauer. Teilweise noch als niedere Mauer aufrecht stehend, teilweise als kleine Erhebung im Gelände erkennbar, umgibt sie den Kirchhof und belegt, dass Kirchhöfe wahrscheinlich von Anfang an mit Mauern umgeben waren, obwohl das erst viel später vorgeschrieben wurde.
Bleibt noch die Klärung der Frage, wann Dangelsdorf zur Wüstung wurde: Im Landbuch Karls IV. von 1375 erscheint der Ort ohne Einkünfte. In dieselbe Zeit fallen die großen Pestepidemien im Norden Deutschlands (der Schwarze Tod). Demografische Analysen zeigen, dass eine Sterblichkeitsrate, die die natürliche Sterblichkeit um mehr als das Vierfache übersteigt, nicht kompensiert werden kann und wenn man die im darauf folgenden Jahrhundert vorkommende Klimaverschlechterung plus Überschwemmungen und Missernten auch noch mit einbezieht, wird die Aufgabe von Dangelsdorf im 14./15. Jh. plausibel.
Mittelalterliche Lebensbedingungen am Beispiel des Museumsdorfes Düppel

Wenn man sich die Lebensbedingungen der Siedler am Anfang des 13. Jh. vergegenwärtigt, kann man erst ihre enorme kulturelle Leistung – nämlich die Gründung von Orten, Ausbau der Infrastruktur wie Straßen, Brücken, Burgen, Stadtmauern und vor allem die Errichtung so vieler Kirchen aus eigener Kraft bei eingeschränktesten Ressourcen – hinreichend würdigen. Das Museumsdorf Düppel macht das auf sehr anschauliche Art und Weise deutlich. Am Machnower Krummen Fenn, einem kleinen Tümpel im Südwesten Zehlendorfs, hat sich ein Ende des 12. Jh. besiedeltes Gelände erhalten, ohne später jemals wieder überbaut worden zu sein. Kinder, die dort Tonscherben fanden, brachten die Archäologen auf die Spuren eines im Verlauf des Landesausbaus gegründeten, aber bald wieder verlassenen Dorfes. Von ihm haben sich im hellen märkischen Sandboden die Verfärbungen der verrotteten Holzpfähle oder Spaltbohlen erhalten, aus denen die Siedler ihre einfachen Behausungen errichtet hatten.
Experimentelles Museum
Aufbauend auf ein Projekt polnischer Archäologen, die im polnischen Biskupin eine slawische Ansiedlung aus dem 4. Jh. v. Chr. erforscht und rekonstruiert hatten, wurde in Düppel auf private Initiative ein experimentelles Museum gegründet, in dem die Lebensumstände der Kolonisten des 12. Jh. untersucht und rekonstruiert werden. Nach anfänglichen Sondierungsgrabungen, bei denen die Siedlungsgeschichte der Niederlassung untersucht wurde, beschloss man, die Häuser auf den alten Grundrissen wieder aufzubauen und das Alltagsleben der einstigen Bewohner darzustellen.


Aufgrund des archäologischen Befundes nehmen die Archäologen an, dass sich hier Ende des 12. Jh. eine Raststation auf halbem Wege zwischen Saarmund und Berlin befunden hatte. Diese lag am Krummen Fenn und wurde durch eine Palisade gesichert. Hier konnten die Reisenden sicher übernachten und auch ihre Waren schützen. Die Bewohner der Station lebten in drei unterschiedlichen Blockhäusern.




An diesen relativ sicheren Ort zogen Anfang des 13. Jh. die Siedler. Die dendrochronologische Untersuchung eines zum Brunnenbau verwendeten Balkens ergab eine Bauzeit um 1200. Es gab vermutlich zwei Phasen der Besiedlung. Erst wurde die Palisade zum Schutz errichtet, später entstand das Dorf.


Die Menschen errichteten ihre wenigen Bauerngehöfte als Ständerbauten mit lehmverputzten Flechtwerkwänden, als Holzbauten mit Wänden aus Spaltbohlen oder als Blockhäuser, in denen sie gegebenenfalls zusammen mit dem Vieh wohnten. Ständerbauten gelten als deutsch, Blockhäuser als slawisch, beide Haustypen existieren auf dem Museumsgelände, so dass ein gemeinsames Wohnen von Deutschen und Slawen hier denkbar ist, was auch durch Funde von slawischen Schläfenringen (Frauenschmuck) belegt wird. Allerdings überwiegen die deutschen Funde (Haustyp, Keramik) die slawischen bei weitem. Die Grundrisse lassen nur vage Vermutungen über den Zweck der Gebäude zu, eine Kirche scheint sich jedoch nicht darunter befunden zu haben. Das mag daran liegen, dass das Dorf schon in der ersten Besiedlungsphase wieder aufgegeben wurde, bevor man ein solches Projekt in Angriff genommen hatte oder dass sich mehrere, in fußläufiger Entfernung voneinander gelegene kleine Dörfer eine Kirche teilten.


Untergang
Es waren ursprünglich drei Dörfer, die im Bereich von Düppel relativ dicht beieinander lagen. Zwei davon überlieferten ihren Namen, während der Name des Düppeler Dorfes unbekannt blieb. Slatdorp verweist auf den heutigen Namen Schlachtensee, während bei Krummensee die Analogie zur Krummen Lanke offensichtlich ist. Alle drei Orte gingen unter, weil der Ertrag des sandigen Bodens zu gering war und die Siedler in ein neues Dorf umzogen, in dem sie sich ein ertragreicheres Leben erhofften. Es ist auch denkbar, dass der Grundherr selbst die Umsiedelung betrieb, da er wegen des an den Ertrag gebundenen Pachtzinses gleichermaßen an prosperierender Landwirtschaft interessiert war. Im Sinne des effektiven Landesausbaus, der ja dem Landesherrn Zuwachs an Untertanen und Steueraufkommen bringen sollte, erscheint die Zusammenlegung wenig rentabler Dörfer durchaus sinnvoll. Die neu gegründete Ansiedlung ist vermutlich das heutige Zehlendorf, wo die Feldflur viel besser zu bewirtschaftende Lehmböden aufweist. Dass die barocke Dorfkirche von Zehlendorf einen mittelalterlichen Vorgänger hat, stützt die These, dass die drei untergegangenen Dörfer im damaligen Cedelendorp (das einen wendisch/deutschen Mischnamen besitzt) aufgingen.
Düppel heute
Neben der Zurschaustellung mittelalterlichen Lebens erforscht man heute im Museumsdorf die Arbeitsweise mittelalterlicher Gewerke wie der Schmiede, Imker, Tuchweber und -färber, Zimmerleute und Teerschweler. Auch die originalen Kulturpflanzen und Haustiere werden ermittelt und deren Rückzüchtung versucht. Im Hausbau experimentiert man mit zeitgenössischen Werkzeugen und Materialien und lässt ein Haus gezielt verfallen, um Aufschluss darüber zu gewinnen, wie schnell dieser Prozess dauert und was für Relikte übrig bleiben.




Die Forschungsergebnisse in beiden Museumsdörfern brachten hervor, dass sich die einfachen Lebensbedingungen der Siedler im 12. Jh. sich nicht sonderlich von denen der Slawen in Biskupin unterschieden, die 800 Jahre früher gelebt hatten. In beiden Epochen spielte sich das Landleben in einfachen, selbst gebauten Holzhäusern ab. Lediglich in der Eisenbearbeitung hatten die Menschen des 12. Jh. einen Vorsprung, der es ihnen möglich machte, verbesserte landwirtschaftliche Geräte wie den Räderpflug zu entwickeln. Durch dessen Verwendung wurde die Nahrungsmittelproduktion um ein Vielfaches gesteigert und ein Bevölkerungswachstum erreicht, das auch die Besiedlung der ostelbischen Lande möglich machte. Anders dagegen das Leben in den Städten, wo der Backsteinbau, das Zunft und Gildenwesen sowie die verbesserte Volksbildung beständige Fortschritte brachten.
Die Verbesserung von Werkzeugen und Waffen veränderte das Wirtschafts- und Kriegswesen erheblich. Auch wurde die Bearbeitung von Natursteinen, selbst des spröden Feldsteins, möglich und dies mündete im Bau so vieler steinerner Dorfkirchen. Als Bauten für die Ewigkeit verlangten sie nach diesem Baumaterial, während man die Alltagsgebäude – insbesondere in den Dörfern – nach wie vor aus Holz errichtete.
Infobox Museumsdorf Düppel
Adresse
Clauertstraße 11
14163 Berlin (Zehlendorf)