Kloster Lehnin

Klosterkirche Lehnin. Apsis, Chor und Querschiff
Klosterkirche Lehnin. Apsis, Chor und Querschiff sowie rekonstruierte nördliche Chor-Seitenkapelle.

Gründung

Anno 1180, 10 Jahre nach dem Tod Albrechts des Bären, gründete sein Sohn Otto I. im Zuge der Konsolidierung des Landesausbaus von Brandenburg das Zisterzienserkloster Lehnin, welches auch als Familiengrablege der Markgrafen von Brandenburg dienen sollte. Das Kloster war eine Filiale von Morimond in Burgund, einem der fünf zisterziensischen Ursprungsklöster in Frankreich. Die ersten Mönche, einschließlich des Abtes Sibold, kamen aus dem Kloster Sittichenbach bei Eisleben. Als Ort der Niederlassung wählten sie vermutlich ein altes slawisches Heiligtum in der Zauche, zwischen Beelitz und Brandenburg. Die Existenz eines jetzt versteinerten Eichenstamms im Chorfußboden der Kirche und einige Details der Gründungslegende des Klosters deuten auf den slawischen Ursprung hin.

Verkieselter Eichenstamm
Verkieselter Eichenstamm

Ziegel als Baumaterial

Klosterkirche und Kreuzgang des Kapitelsaals
Klosterkirche, Friedgarten und Ostflügel des Kreuzgangs

Die Aufgabe der Mönche lag nicht nur im religiösen Bereich. Sie widmeten sich auch der Entwicklung und Erschließung des Landes, besonders auf den Gebieten von Landwirtschaft und Handel. Da das Kloster unter dem Patronat des Landesherrn stand, wurde hier wesentlich aufwändiger gebaut, als bei anderen Bauwerken Brandenburgs. Von Anfang an wandte man die Ziegelbauweise an, wie auch schon beim Dom zu Brandenburg an der Havel und bei St. Nikolai und der Kirche in Plaue bei Brandenburg. Die Ziegel kamen aus Tongruben ganz in der Nähe und wurden auch für andere Bauten in der Umgebung verwendet (evtl. Bardenitz, Pechüle und Treuenbrietzen).

Geschichtliche Persönlichkeiten

In der Geschichte von Lehnin findet man endlich einmal – selten genug in Brandenburg – Namen und Geschichten von Personen, die zur Zeit der Ostkolonisation lebten: Der Ursprung des Klosters geht nach der Gründungslegende auf einen Jagdausflug des Markgrafen Otto I. (Sohn Albrechts des Bären) in den Wäldern der Zauche zurück. Beim Ausruhen war er im Wald unter dem Baum, an den er seine Waffen gehängt hatte, eingeschlafen und im Traum so lange von einer Hirschkuh bedrängt worden, bis er sie erlegte. Die Deutung des Traums als Abwehr von spirituell bösen Mächten bewog ihn an genau dieser Stelle ein Kloster zu gründen. Das Böse muss er den Wenden unterstellt haben, denn Hirschkuh heißt auf Slawisch Lenye und das wurde zum Namen Lehnin. Als „Beweis“ für die Legende bezog man den Stumpf des Baumes in den Chor der Klosterkirche ein.

Der schon erwähnte erste Abt Sibold soll um 1190 von den Wenden erschlagen worden sein. Von diesem Ereignis berichten eine Sage sowie zwei sich im Klosterbesitz befindliche naive Gemälde des 15. und 16. Jahrhunderts: Erzürnt über seinen angeblichen Übergriff auf eine verheiratete Wendin fällten die Slawen den Baum, auf dem er sich versteckt hatte und töteten Sibold. Wie schon die Gründungssage liefert auch diese Erzählung keine wirklich einleuchtenden Gründe für den tatsächlichen Verlauf der Ereignisse. Da liegt es nahe, eine Indizienkette zwischen Klostergründung und Bluttat herzustellen: Sehr wahrscheinlich handelte es sich bei dem Baumstumpf im Chor der Klosterkirche um einen den Slawen heiligen Ort. (Analog zur heiligen germanischen Donar-Eiche, die der Friesenapostel Bonifatius einige Jahrhunderte vorher einfach gefällt hatte und dafür von den Germanen erschlagen wurde). Als das slawische Heiligtum – gleichsam als Trophäe – von den Mönchen in den Chor von Sibolds Klosterkirche integriert wurde, könnte diese Maßnahme durchaus den Hass erklären, der zu der Mordtat führte. Die Erwähnung einer weiteren Baumfällung im Zusammenhang mit Sibolds Tod klingt nach einer slawischen „Retourkutsche“ für den Frevel an ihrem Heiligtum.

Das jetzt im Westbau der Klosterkirche aufgehängte Gemälde ist zwar erst aus dem frühen 16. Jh., bezieht sich aber auf die alten Legenden und gibt anschauliche Hinweise auf die geschichtlichen Ereignisse zur Zeit der Klostergründung. Es wird von links unten entgegen dem Uhrzeigersinn gelesen, wo zunächst der durch eine Inschrift bezeichnete Markgraf Otto I. vor seiner Stiftung steht. Dann rechts unten die Szene, wo über der Inschrift „Sibold, erster Abt von Lehnin, von den Slawen erschlagen“ der von Wenden umringte Abt vor einem abgesägten Baum getötet wird. Wie schon bei einem ähnlichen Vorfall im Kloster Zinna wollten die Mönche daraufhin das Kloster verlassen. In der dritten Szene rechts oben wird ihr Exodus von der Jungfrau Maria mit den Worten: „Kehret zurück, es soll Euch an nichts fehlen “ aufgehalten, was zum Verbleib der Mönche und zum Ausbau des Klosters führte. Deshalb folgt links die sehr detailgetreue Darstellung des Klosters im 13. Jh., gut zu erkennen sind die Ostpartie der Abteikirche mit ihren zwei Fensterreihen in der Apsis und das Torhaus mit Torkapelle.

Ermordung des Sibold, Gemälde aus dem frühen 16.Jh, unbekannter Künstler, gemeinfrei
Ermordung des Sibold, Gemälde aus dem frühen 16.Jh, unbekannter Künstler, gemeinfrei
Ermordung des Abtes Sibold, Detail
Sibold sinkt vor dem abgesägten Baum, auf dem er sich versteckt hatte, zu Boden.

Als weitere zeitgenössische Persönlichkeit aus Lehnin wird in einer Urkunde von 1260 der Baumeister Konrad, einer der Lehniner Mönche (magister operis Conradus) benannt, der dadurch der erste namentlich bekannte Architekt Brandenburgs sein dürfte.

Baugeschichte

Die Bauzeit der Klosterkirche erstreckte sich von ca. 1185 bis 1250. Nach anfänglicher Errichtung einfacher Holzbauten vollendete man noch in spätromanischer Zeit den Bau der sehr stattlichen Klosterkirche und Teile der Klausur, während die übrigen Gebäude der ausgedehnten Klosteranlage in die Zeit der Gotik fallen.

Lageplan Kloster Lehnin
Lageplan Kloster Lehnin:
Ostteile der Klosterkirche 12. Jh. (schwarz), Westteile 13. und 19. Jh. (grau)
Ostflügel der Klausur 13. Jh.mit: (von N nach S)­: Sakristei = 1 Joch, Armarium = 1 Joch, Kapitelsaal = 3 Joche und Eingang

Den Bauablauf der Kirche kann man innen und außen noch gut ablesen: Eine in rein romanischem Stil geplante niedrige Basilika mit vermutlich flacher Decke wie in Jerichow und Brandenburg wurde nach Fertigstellung der ersten Etage der Ostteile in einen hohen, spätromanischen Gewölbebau überführt.

Reich verzierte Apsis mit zwei Etagenv
Reich verzierte Apsis mit zwei Etagen

Der Planwechsel wird an der Apsis offenbar, wo über der ersten fünffenstrigen Etage ein abschließender Kreuzbogenfries zu sehen ist. Über ihm erhebt sich nun eine zweite Etage, ebenfalls mit fünf Fenstern und einem weiteren Kreuzbogenfries. Die eindrucksvolle doppelte Fensterreihe kommt – offensichtlich inspiriert von Lehnin – auch an der Marienkirche von Treuenbrietzen vor, hier allerdings in Feldsteinbauweise. Rechts und links der Apsis sind anstelle von Nebenchören zwei quadratische Kapellen angebaut.

Übergang zum gotischen Baustil

Nach Vollendung der Ostteile und des Querschiffs näherte man sich beim Bau des Schiffes schrittweise dem gotischen Stil an. Steht man im Innern des Kreuzganggevierts, kann man die Stilwechsel am Schmuckfries unter dem Dach des Hauptschiffes ablesen, auch wenn der heutige Zustand nicht ganz dem Original entspricht. Da das Schiff von Anfang an mit Gewölben geplant war, sind die Fenster im Obergaden zu Zweiergruppen zusammengefasst, um Platz für die Gewölbedienste zwischen den einzelnen Jochen zu lassen. Das erste Fensterpaar von Osten hat noch romanische Rundbögen, während die folgenden Fenster und Blenden spitzbogig sind. Diese Lösung findet sich auch bei den beiden Stadtkirchen von Jüterbog, was ein weiterer Hinweis auf die Ausstrahlung der Bauideen von Lehnin in die Nachbarschaft ist.

Stilübergang Romanik - Gotik am Obergaden des Schiffs der Klosterkirche
Stilübergang Romanik – Gotik am Obergaden des Schiffs: Der Kreuzbogen- wird zum Plattenfries, rundbogige werden zu spitzbogigen Fenstern.

Das lange Hauptschiff war früher in zwei Bereiche geteilt: Die drei westlichen Joche für die Konversen (Laienmönche) und die folgenden zwei – inklusive Vierung und Chor – für die geweihten Mönche. Die Größe des westlichen Teils lässt auf eine große Anzahl von Konversen schließen. Sie erledigten die umfangreiche Handarbeit in Landwirtschaft und Handel, während sich die geweihten Mönche vorwiegend der Theologie widmeten. Der zisterziensischen Bautradition entsprechend blieb die Westfassade turmlos, lediglich die Vierung erhielt einen kleinen (jetzt erneuerten) Dachreiter.

Innenraum

Das durch das Fehlen von Chorschranken und Lettner sehr lang wirkende Innere macht einen einheitlichen, von der Romanik bestimmten, großartigen Eindruck, der vom Stilwechsel hin zur Frühgotik und auch durch die erkennbaren Spuren des Wiederaufbaus überhaupt nicht beeinträchtigt wird. Die Bögen der Langhausarkaden, ebenso wie die Fenster, spitzen sich in Richtung Westen allmählich zu und die westliche Fensterfront erscheint vollends gotisch. Im Mittelalter war der Raumeindruck allerdings anders, denn es war üblich die Bereiche der Gemeinde, Konversen und Mönche durch hohe Einbauten voneinander zu trennen.

Klosterkirche, Blick durch das Langhaus nach Westen
Klosterkirche, Blick durch das Langhaus nach Westen
Blick nach Nordwesten auf die Arkaden des nördlichen Seitenschiffs.
Blick nach Nordwesten auf die Arkaden des nördlichen Seitenschiffs.
Nördliche Obergadenfenster: Übergang vom romanischen zum gotischen Stil.
Nördliche Obergadenfenster: Übergang vom romanischen zum gotischen Stil.

Romanischer Ostteil

Der gesamte Ostteil zeigt dagegen klare romanische Formen und spätromanische Gewölbe. In einer der drei Stufen zum dadurch erhöhten Chor ist nach wie vor der versteinerte Baumstumpf aus der Entstehungszeit zu sehen, auf den sich die Gründungslegende bezieht.

Klosterkirche, Blick nach Osten durch das Langhaus zur Apsis
Klosterkirche, Blick nach Osten durch das Langhaus zur Apsis

Romanisch ist ebenso der gemauerte Altarblock in der durch drei weitere Stufen erhöhten Apsis. Auf ihm steht ein aus Brandenburg hierhin verbrachter Flügelaltar. Vom Triumphbogen herunter hängt ein (ebenfalls erst nach der Rekonstruktion angebrachtes) Triumphkreuz.

Altarblock und Schnitzaltar
Altarblock und Schnitzaltar
Emporen der Seitenkapellen zum Chor
Klosterkirche, Ansicht von Nordost um 1828. Unbekannter Künstler, gemeinfrei.
Klosterkirche, Ansicht von Nordost um 1828. Spuren der nördlichen Seitenkapelle. Unbekannter Künstler, gemeinfrei.
Aus: Geschichte und Recht der Zisterzienser (Studien zur Geschichte, Kunst und Kultur der Zisterzienser), Gunther Nisch

Die eindrucksvollen Emporen, die sich im Innern der beiden Seitenkapellen auf den Chor öffnen, sind nur in der südlichen original. Auf der Nordseite entstammen sie erst der Rekonstruktion der Klosterkirche, denn in der Zeichnung der Ruine von 1828 findet sich kein Beleg dafür. (In der Etage über den vermauerten Rundbögen im Chor müssten auch Spuren der zugesetzten Emporenöffnungen zu sehen sein).

Ausstattung

Die einst reichhaltigen Ausstattungsstücke der Klosterkirche wurden mit der Auflassung des Klosters zur Zeit der Reformation entfernt, so befindet sich z. B. der Lehniner Altaraufsatz jetzt im Dom zu Brandenburg. Der seit 1948 hier aufgestellte spätgotische Flügelaltar ist eine Leihgabe des Domstifts Brandenburg, wogegen das vom Triumphbogen herunterhängende romanische Triumphkreuz (von dem nur die Christusfigur alt ist) nach dem Wiederaufbau Ende des 19. Jh. an diese Stelle kam.

Malerei in einer Arkade zum nördlichen Seitenschiff
Malerei in einer Arkade zum nördlichen Seitenschiff

Wandmalereien existierten an vielen Stellen der Kirche, fielen aber zumeist protestantischer Übertünchung und der langen Zeit als vernachlässigter Ruine zum Opfer. Einzig im ersten gotischen Joch nach der Vierung hat sich in einer Laibung der Mittelschiffsarkade ein Fresko erhalten, offensichtlich aus der Bauzeit.

Grablege der Askanier

Markgraf Otto VI. von Askanien beschloss sein Leben als Mönch in Lehnin. Da bei den Askaniern alle männlichen Nachkommen erbberechtigt waren, trat nach dem Tod seines Vaters Otto III. 1267 die Situation ein, dass es sechs (!) gleichberechtigte Prätendenten als Markgraf gab. Die Tatsache, dass er als zuletzt Geborener (daher sein Beiname Otto „der Kleine“) ganz am Ende dieser Hierarchie stand, mag der Anlass gewesen sein, nach der Heirat mit der Habsburgerin Hedwig auf den Markgrafentitel zu verzichten. 1290, nach dem Tode Hedwigs, trat er zunächst in den Templerorden ein, wechselte dann aber als Akolyth (Priester mit – wegen fehlendem Theologiestudium – niederer Weihe) zu den Zisterziensern nach Lehnin, wo er 1303 starb. Die dürre Quellenlage verhindert, seine Karriere im Kloster nachzuverfolgen, doch hat sich sein Epitaph bis heute erhalten.

Otto VI. als Mönch
Otto VI. als Mönch

Der senkrecht an der Wand aufgestellte Grabstein zeugt noch von der einstigen Grablege der Askanier, die Markgraf Otto I. zusammen mit dem Kloster hier geschaffen hatte. Der Gründer der Dynastie, Albrecht der Bär, war an seinem Stammsitz Ballenstedt am Harz in einem Kloster beigesetzt worden, das man später zum Schloss Ballenstedt ausbaute. Hier kann man noch heute das Grab dieses für die Entwicklung der Mark Brandenburg so bedeutsamen Herrschers besuchen. Es wurde allerdings in der NS-Zeit durch die SS umgestaltet, die in Albrecht, wie auch in Heinrich dem Löwen, einen ihrer Vorreiter auf dem Zug gen Osten sah.

Das Epitaph Ottos VI. ist leider die einzige Erinnerung an die Askanier in Lehnin, alle anderen Grabplatten sind verschwunden. Sieben Markgrafen waren hier bestattet worden, bis die Bedeutung der Lehniner Grablege schwand, weil für für die johannische Linie der Askanier eine weitere in der Klosterkirche Chorin entstanden war. Mit dem Aufstreben Berlins unter den Hohenzollern wurde eine ganz neue Grablege in der so genannten Domkirche angelegt, dem ehemaligen Dominikanerkloster. Hierhin kamen Hohenzollern-Särge aus den beiden märkischen Klöstern (darunter drei aus Lehnin), diejenigen der Askanier gingen jedoch verloren. Heute befindet sich die Hohenzollern-Grablege im Berliner Dom.

Klausurbauten

Ostflügel

Südlich an die Klosterkirche schlossen sich die Gebäude der Klausur an. Aus romanischer Zeit hat sich nur der Ostflügel mit allerdings bedeutenden Funktionsbauten erhalten: Hier befindet sich der einzig erhaltene Kreuzgangflügel, an dem die Sakristei, das Armarium und der Kapitelsaal liegen.

Kreuzgang des Kapitelsaals
Ostflügel des Kreuzgangs
Heutiges Cecilienhaus. Vorne rechts Fenster zum Armarium, links angrenzend der Kapitelsaal
Heutiges Cecilienhaus im Ostflügel. Vorne rechts zwei Fenster der Sakristei, eines vom Armarium und drei vom Kapitelsaal. Hier liegt auch der originale Eingang zur Klausur (in der Mitte des Flügels).
Eingangsbereich zur Klausur im Ostflügel. Die Tür führt zum Klostergelände
Eingangsbereich zur Klausur im Ostflügel. Die Tür führt zum Klostergelände

Die Sakristei grenzt direkt an die Kirche an und ist durch das südliche Querschiff erreichbar. Das Armarium beherbergte die berühmte und heute verschwundene Bücherei der Abtei, von der nur noch zwei rundbogige Nischen zur Aufbewahrung der Bücher zu sehen sind. Ein aufwändiges spitzbogiges Portal führt schließlich vom Kreuzgang in den dreischiffigen Kapitelsaal mit schönen Kreuzgewölben.

Portal zum Kapitelsaal
Portal vom Kreuzgang zum Kapitelsaal

Kapitelsaal

Kapitelsaal
3-jochiger Kapitelsaal

Der Kapitelsaal war traditionell einer der wichtigsten und repräsentativsten Räume einer Abtei. Hier versammelten sich die Kleriker zur täglichen geistlichen Lesung (z.B. jeweils eines Kapitels der Ordensregel oder der Kirchenväter – daher der Name Kapitelsaal). Auch geistliche Ansprachen der Oberen, die Beratung von Angelegenheiten der Gemeinschaft wie die Schlichtung von Streitfällen und Verhängung von Strafen, die Einteilung der klösterlichen Arbeiten und die Verwaltung der Geldmittel fanden hier statt, ebenso wie die Wahl eines neuen Abtes und die Aufnahme von Kandidaten. In der Mitte des Ostflügels lag der Eingang zur Klausur.

Westflügel

Im – heute modernen – Westflügel waren die Konversen untergebracht, streng getrennt von den geistlichen Mönchen. Der Keller des Gebäudes birgt noch eindrucksvolle romanische Kreuzgewölbe, das aufgehende Mauerwerk stammt erst aus dem 20. Jh. Es steht anstelle des abgerissenen kurfürstlichen Jagdschlosses, das wiederum im Konversenflügel eingerichtet worden war (s.u.).

Portale

Der Hauptzugang zur Klosterkirche erfolgte durch die nordwestliche Paradiesvorhalle im ersten und zweiten Joch des Seitenschiffs. Ferner hatten die Konversen ein eigenes Portal im südwestlichen und die Chormönche eines im südöstlichen Seitenschiff der Abteikirche. Als Lehnin als Simultankirche diente, benötigte man einen weiteren Eingang, der in der südöstlichen Seitenkapelle eingerichtet wurde und sie damit (im Gegensatz zur nordöstlichen) vor dem Abriss bewahrte. Das repräsentative romanische Portal im nördlichen Seitenschiff ist dagegen eine reine Erfindung der Restaurateure des 19. Jh.

Nach der Reformation

Nach der Reformation wurde das Kloster aufgelöst, die Baulichkeiten fielen an den Landesherrn Friedrich Wilhelm, der es in eine landwirtschaftliche Domäne umwandelte und ein Jagdschloss in den Klostergebäuden einrichtete. Die Kirche war für die kleine protestantische Gemeinde der Ortschaft Lehnin viel zu groß, deshalb teilte man sie sich mit den Calvinisten, zu denen auch der Kurfürst zählte. Die vom Kurfürsten gewünschte Zuwanderung der aus Glaubensgründen aus Frankreich vertriebenen Hugenotten hatte eine starke Vergrößerung der calvinistischen Gemeinde auch in Lehnin zur Folge.

Eine Zwischenwand in der Klosterkirche auf der Höhe des Lettners (im zweiten Joch von Osten) machte aus einem Gebäude zwei. Die Protestanten benutzten den westlichen, die Calvinisten den östlichen Teil für ihre Gottesdienste. Geld für die Unterhaltung des Riesenbaus war kaum vorhanden. So brach man die nicht mehr benötigten Seitenschiffe ab, was zur Folge hatte, dass zwei Langhausgewölbe, die nun kein Widerlager mehr hatten, einstürzten und durch eine flache Decke ersetzt wurden.

Nach der Union der Calvinisten mit den Protestanten gab man die Nutzung des westlichen Bereichs der Kirche völlig auf und dieser geriet nun schnell in Verfall, wobei die Gewölbe und auch ein Teil der Langhausmauern einstürzten. Zudem verzichtete der Kurfürst auf die weitere Nutzung der ehemaligen Klausur des Klosters als Schloss und ließ es zu, dass die zunehmend ruinösen Gebäude als Steinbruch dienten. Dabei wurden die Kapelle nördlich der Apsis und weitere Teile der Abtei abgerissen, die verwendungsfähig gebliebenen Klostergebäude dienten nun als Sitz des Domänenamtes Lehnin.

Ruine der Klosterkirche um 1828. Unbekannter Künstler, gemeinfrei
Ruine der Klosterkirche um 1828. Unbekannter Künstler, gemeinfrei
Aus: Geschichte und Recht der Zisterzienser (Studien zur Geschichte, Kunst und Kultur der Zisterzienser), Gunther Nisch

Restaurierung im 19. Jahrhundert

In diesem Zustand kam die Klosteranlage – am Ende im Besitz eines privaten Eigentümers – ins 19. Jahrhundert, in dem das Interesse am Mittelalter erwachte und sich die Ideen des kulturellen Erbes und des Denkmalschutzes zu entwickeln begannen. Hier in Lehnin wurde zum ersten Mal ein Gebäude nach den noch heute gültigen Regeln des Denkmalschutzes restauriert und das führte zu dem überaus erfreulichen Erscheinungsbild, das die Klosterkirche heute bietet: Ganz im Stile der Erbauungszeit, mit nur wenigen pseudoromanische Zutaten, in den alten Proportionen und unter Verwendung authentischen Baumaterials.

Restauriertes nördliches Seitenschiff
Wieder aufgebautes nördliches Seitenschiff
Portal des nördlichen Seitenschiffs
Neoromanisches Portal des nördlichen Seitenschiffs, ursprünglich existierte hier kein Zugang.

Ein evangelisches Krankenhaus zog in die Klostermauern ein und verbreitet wieder den Geist christlicher Nächstenliebe, während die erhaltenen mittelalterlichen Gebäude restauriert und behutsam an eine neue Nutzung angepasst wurden. Noch heute betritt man die von der originalen Klostermauer umschlossenen Anlage durch das alte Klostertor, direkt neben der Torkapelle.

Klosterkirche Schiff Südseite und Westwand
Nordwestfassade. Im 1. und 2. Joch des Seitenschiffs die Paradiesvorhalle mit Eingang im Westen.
Klosterkirche. Anlage von Nordwest aufgenommen
Südwestfassade mit Blick in die Klausur

Einhergehend mit gestiegenem Wohlstand war es in Lehnin zu einer Vernachlässigung der zisterziensischen Ideale von asketischer Einfachheit und Strenge gekommen. Das manifestierte sich am Ende des 13. Jh. in der Errichtung der monumentalen westlichen Schaufassade der Abteikirche, die zweifellos die noch eindrucksvollere des Klosters Chorin, eine Tochtergründung von Lehnin, beeinflusst hat. Ihre Südseite war teilweise bis zum Obergaden erhalten geblieben, deshalb war eine dem Original nahe kommende Rekonstruktion möglich.

Kornspeicher

Kornspeicher, Aufnahme von Südost
Kornspeicher von Südosten

Zeugnis für den wachsenden Reichtum des Klosters durch anwachsenden Grundbesitz und steigende landwirtschaftliche Produktion ist der viergeschossige Kornspeicher aus dem 14. Jahrhundert. Das lang gestreckte Gebäude hat auf beiden Seiten vermauerte Arkaden, die darauf hindeuten, dass es evtl. noch zwei Seitenschiffe gab. Die Feldsteinlagen in den unteren Partien der Südfassade verweisen auf einen frühen Baubeginn.

Aus einem im Innern abgestellten Baustellenschild geht hervor, dass nach der Restaurierung des Äußeren wohl der Plan bestand, den Speicher innen auszubauen und einer neuen Nutzung zuzuführen. Der aktuelle Zustand des Inneren weist leider auf eine Einstellung dieser Baumaßnahmen hin, was eindrücklich durch eine als Wärmedämmung (?) in ein gotisches Fenster eingestellte alte Matratze belegt wird.

Kornspeicher, Innenraum mit Bauschild (2013).
Kornspeicher, Innenraum mit Bauschild (2013).
Kornspeicher. Gotische Fenster, das rechte ist "wärmegedämmt".
Kornspeicher. Gotische Fenster, das rechte ist „wärmegedämmt“ (2020)

Galerie

Südliche, originale Mauer des Klostergeländes
Südliche, originale Mauer des Klostergeländes
Königshaus
So genanntes Königshaus
Falkonierhaus
So genanntes Falkonierhaus
Tor und Kapelle, Aufnahme von Westen
Relikte des Torhauses und Kapelle, Aufnahme von Westen
Tor und Kapelle, Aufnahme von Osten
Tor und Kapelle, Aufnahme von Osten
Kräutergarten auf dem Klostergelände
Kräutergarten auf dem Klostergelände