Dorfkirche Redekin

Dorfkirche Redekin Ansicht von Nordost
Dorfkirche Redekin, Ansicht von Nordost

Die Kirche von Redekin steht exemplarisch für die vom Kloster Jerichow beeinflussten Bauten östlich der Elbe. Sie ist gleichermaßen das Musterbeispiel für den Typus einer vierteiligen Anlage mit überstehendem Westturm, Schiff, eingezogenem Chor und Apsis als auch für die spezielle Architektur der Backsteinromanik mit ihren Wandgliederungen und reichen Schmuckformen. Ihr Bau muss nach der Vollendung von Jerichow um 1200 erfolgt sein.

Westriegel

Im Westen erhebt sich der mächtige Querriegel, der in vier Geschosse aufgeteilt ist. In den unteren beiden befinden sich das repräsentative, mehrfach abgestufte Portal in einem, aus der Wandfläche leicht hervortretenden Rahmen und darüber zwei runde Okuli mit einem Winkelfries als Abschluss. Das dritte hat – abgesehen von den zwei kleinen Schießscharten an den Seiten – keine Öffnungen und ist auch völlig frei von Bauschmuck, während das Obergeschoss acht doppelbogige Schallöffnungen für die Glocken aufweist und mit einem Rundbogenfries abschließt.

Dorfkirche Redekin Ansicht von Südwest
Ansicht von Südwest

Der Turm wird an den Ecken von Lisenen eingefasst, die sich über seine gesamte Höhe erstrecken. Auf dem Mauerwerk der Westseite lassen sich wie in einem offenen Buch seine verschiedenen Bauphasen ablesen: Offensichtlich wurde die gesamte Kirche in einem Guss bis zur Höhe des zweiten Geschosses aufgeführt, was aus dem um alle vier Teile umlaufenden Schmuckfries (allerdings in wechselnden Formen) ersichtlich wird.

Redekin Bauphasen des Querriegels
Bauphasen des Querriegels
Dorfkirche Redekin Westportal und Rundfenster (Okuli)
Westportal und Rundfenster (Okuli)

In diesem Zustand (vielleicht mit einem Notdach über dem Turmstumpf) war das Gebäude bereits voll nutzbar, deshalb konnte sich die Gemeinde ab jetzt Zeit lassen. Der ungegliederte mittlere Teil des Turms aus der zweiten Bauphase zeigt deutlich, dass die Bauarbeiten hier mehrfach unterbrochen wurden und ausweislich einer auf gleicher Höhe umlaufenden Kante im oberen Drittel nochmals längere Zeit ruhten. Schließlich wurde in einer dritten Phase – ebenfalls mit Unterbrechungen – das Glockengeschoss in deutlich späteren Formen (spitzbogige Schallöffnungen!) aufgesetzt. Für den gesamten Westriegel kann man eine Bauzeit von 60 bis 80 Jahren ansetzen. Die ihn (und das ganze Gebäude) überziehenden viereckigen Löcher sind Spuren der mittelalterlichen Einrüstung zum Bau der Kirche und finden sich auch an allen anderen Bauwerken dieser Backsteinroute.

Schiff, Chor und Apsis

Auch der Außenbau von Schiff, Chor und Apsis ist durch Lisenen und Schmuckfriese reich gegliedert, der Chor weist zusätzlich ein vorgelegtes horizontales Band unterhalb der Fenster auf und an seiner Nordseite ist eine bauzeitliche, mit einem Rundbogenfries abgeschlossene Sakristei angebaut.

Dorfkirche Redekin Priesterpforte Chor Südseite
Priesterpforte in der Südwand des Chors
Dorfkirche Redekin Apsis
Apsis mit Lisenengliederung
Dorfkirche Redekin Rundbogenfenster, Kreuzbogenfries, Zinnenfries und Deutsches Band, Apsis
Details der Apsis: Rundbogenfenster, Kreuzbogenfries, Zahnfries und Deutsches Band.

An der Südseite liegt die romanische, abgetreppte Priesterpforte in einem ähnlichen Rahmen wie am Westportal. Die Chorfenster (zwei an jeder Seite) liegen tiefer als die des Schiffs, aber höher als die der Apsis, was eine harmonische Staffelung der Fensterreihen ergibt. Die Apsis weist neben der Lisenengliederung sehr ausgefeilte Schmuckfriese auf, die über ein deutsches Band in die Dachzone überleiten. Das Dach erstreckt sich auf einer Höhe über Schiff und Chor, so dass die bei der vierteiligen Anlage so reizvolle Höhenstaffelung der Bauteile hier ausbleibt.

Dorfkirche Redekin Chor und Schiff mit Sakristei aus der Erbauungszeit der Kirche
Schiff und Chor mit Sakristei aus der Erbauungszeit der Kirche. Durchgehende Dachlinie von Schiff und Chor.
Dorfkirche Redekin Rundbogenfenster, Rundbogenfries, Zinnenfries und Deutsches Band, Chor Nordwand
Chor Nordwand: Rundbogenfenster, Rundbogenfries, Zahnfries und Deutsches Band.

Rätselhafte Wandöffnungen

Rätsel geben die drei Wandöffnungen im Erdgeschoss des Schiffes auf. Da sie genauso gerahmt sind, wie alle anderen Portale in spätromanischen Backsteinkirchen auch, könnten sie authentisch sein. Vielleicht wurden an ihrer Stelle ursprüngliche Gemeindepforten nachträglich zu Fenstern umgebaut. Das wäre plausibel für die beiden westlichen auf der Nord- und Südseite des Schiffes, aber nur unter der Annahme, dass man das prächtige Westportal nur an hohen Feiertagen benutzte. Aber wozu gleich zwei Öffnungen im Südosten, wo es doch an keiner Dorfkirche zwei Gemeindepforten auf derselben Seite des Schiffes gibt? Als Erklärung dafür brachte man vor, es handele sich bei der westlichen um ein ehemaliges Hagioskop, ein Fenster, durch das Aussätzige und andere vom Gottesdienst ausgeschlossene Menschen die Messe wenigstens von außen verfolgen konnten. Dem steht entgegen, dass durch dieses Fenster der Altar gar nicht zu sehen ist und es auch keine weiteren Hagioskope in Brandenburg gibt.

Dorfkirche Redekin rätselhafte Öffnungen in der Südwand des Schiffes
Südwand des Schiffes: Umgearbeitetes (?) Gemeindeportal links, rätselhafte Öffnung rechts.
Dorfkirche Redekin rätselhafte Öffnung in der Nordwand des Schiffes
Nordwand des Schiffes: Umgearbeitetes (?) Gemeindeportal.

Somit bleibt diese Besonderheit der Redekiner Dorfkirche ungeklärt wie auch die Teufelskralle und die Näpfchensteine, die hier, in Melkow und auch in Schönhausen vorkommen. Teufelskrallen, auch Wetzrillen genannt, befinden sich an vielen Kirchen in unterschiedlichen Regionen Europas und sehen aus, als hätten sie zum Schärfen von Messern oder Schwertern gedient, während Näpfchensteine kleine runde Aushöhlungen enthalten. In beiden Fällen ist völlig unklar, wozu diese gedient haben, Dokumente dazu gibt es keine, wohl aber eine Vielzahl von Vermutungen, die aber alle – so wie die, dass der Teufel aus Wut über seine Machtlosigkeit gegenüber Gott am Mauerwerk der Kirche gekratzt hätte – nicht ganz überzeugen.

Innenraum

Auch das Innere der Dorfkirche ist sehr sehenswert. Obwohl wie üblich mit protestantischem Gestühl und Empore vollgestellt, kann man die mittelalterliche Struktur mit Turmhalle, flach gedecktem Schiff, kreuzgewölbtem Chor und Apsis gut nachvollziehen. Der Chor ist um eine Stufe gegenüber dem Schiff erhöht und mit einem abgesetzten runden Triumphbogen von ihm getrennt. Unter ihm – noch im Schiff – steht die Taufe, deren mächtiges Becken romanisch ist und einen ornamentierten Rand aufweist, während der Fuß neueren Datums ist. Die Apsis wurde im 19. Jh. blau gestrichen; sie enthält noch den originalen Altar, auf dem ein gotischer Flügelaltar mit einem wieder verwendeten spätromanischen Triumphkreuz steht. Unter dem Einfluss und sicherlich auch mit den Mitteln des reichen Klosters Jerichow ist hier ein wahres Kleinod romanischer Backstein-Baukunst entstanden.

Infobox


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Empfohlene Route

Nordwestliche Route

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