Schon um 1161 wird ein Burgwardium – ein Landbezirk von etwa 10-20 Dörfern im Schutze einer Burg – an der Stelle des heutigen Wiesenburg erwähnt. Eine solche „Burg“ war zu jener Zeit lediglich eine einfache Holz-Erde-Konstruktion mit einem Wachturm. Die zu einem Burgward gehörige Bevölkerung, bis zum Ende des 11. Jahrhunderts überwiegend Slawen, war zu Arbeiten, Wachdiensten und Abgaben verpflichtet und erhielt dafür Schutz durch die Burgbesatzung.
In Brandenburg, wie auch in den anderen zu kolonisierenden Gebieten, entwickelten sich aus den Burgwarden viele heutige Dörfer, Städte und feste Burgen. So auch in Wiesenburg, wo zwar der Ursprung der Gemeinde mit Sicherheit auf diesen Burgward zurückgeht, der eigentliche Ort sich jedoch in der Nähe des an andere Stelle verlegten steinernen Nachfolgebaus des Burgwardiums entwickelte. Dieser stammt aus dem Ende des 12. Jh., gehörte ursprünglich zum Erzbistum Magdeburg und kam schon 1356 an die sächsischen Wettiner.
Inhalt
Geschichte
Die Burg hat eine bewegte, von vielen Zerstörungen geprägte Geschichte. Wechselnde Besitzer waren in die Kämpfe zwischen Wettinern und Magdeburgern involviert, 1456 ging die Wiesenburg für 300 Jahre an die Familie Brandt v. Lindau, die sie zum Zentrum eines ausgedehnten Herrschaftsgebiets machte. Die Religionskriege des 16. und 17. Jh. bewirkten die zweimalige Zerstörung Wiesenburgs. Die 1547 im Schmalkaldischen Krieg von spanischen Söldnern durch Feuer vernichteten Gebäude wurden anschließend im Renaissancestil wiederaufgebaut, aber schon 1636 (im 30-jährigen Krieg) durch die Schweden erneut zerstört. Nach dem darauf folgenden Wiederaufbau, bei dem nördlich der Anlage ein Vorschloss angefügt wurde, kam es 1730 und 1740 noch einmal zu größeren Neubaumaßnahmen: Man ersetzte die provisorischen Fachwerkbauten der Ringburg im Süden und Westen durch steinerne.
1754 erbte die aus thüringischem Uradel stammende Familie v. Watzdorf den Brandtschen Besitz. Eines ihrer berühmtesten Mitglieder war der Abgeordnete Otto v. Watzdorf, Mitglied der Nationalversammlung von 1848 in der Paulskirche. Sein Sohn Curt v. Watzdorf (1839 -1881), Reichstagsabgeordneter für die Konservativen, baute die Wiesenburg ab 1860 aufwändig um und gab ihr das heutige Aussehen im Stil der Neorenaissance und des Neobarock. Er versah auch den Bergfried mit einem Türmchen mit Kegeldach und ließ außen eine Aussichtsgalerie anbringen. Der englische Landschaftspark unterhalb des Schlosses mit vielen exotischen Bäumen geht ebenfalls auf ihn zurück. Nach seinem Selbstmord 1881 setzte man ihn auf dem Erbbegräbnis im Parkgelände bei.
Nach dem 2. Weltkrieg wurden die letzten adligen Besitzer enteignet und das Schloss in ein Oberschul-Internat umgewandelt; in die bauliche Instandhaltung steckte man dagegen nur wenig Geld. Nach der Wende (1992) endete die Schulnutzung und das Anwesen stand mehrere Jahre leer, bis sich ein Investor fand, der es restaurierte und in verschiedene luxuriöse Eigentumswohnungen aufteilte. Der im 19. Jh. rekonstruierte, schöne Innenhof mit originalen Renaissanceportalen und einem aus Italien importierten Burgbrunnen ist seitdem leider verschlossen, lediglich die Heimatstube im Torhaus und der Bergfried sind noch zugänglich. Ganz anders der Schlosspark, den die Gemeinde Wiesenburg übernahm und vorbildlich wiederherstellte. Hier finden im Sommer Events für die Öffentlichkeit statt.
Das heutige Schloss Wiesenburg hat mit seinen Vorgängerbauten nicht mehr allzu viel gemein, jetzt präsentiert es sich als charakteristische Anlage des romantischen 19. Jh: Ein malerisches Ensemble im Retro- Stil mit einem angegliederten englischen Landschaftspark.
Romanische Relikte
Bei Annäherung an die Anlage erkennt man jedoch von außen noch bemerkenswerte Reste aus der Zeit der Spätromanik um 1200: Die zwei Meter dicke, im Eingangsbereich in voller Höhe erhaltene Ringmauer aus Feldstein, im Innern des Torbaus den großen romanischen Rundbogen aus Sandstein und im Hof den mächtigen feldsteinernen Bergfried.
Auf der Höhe des in 12 m Höhe liegenden, jetzt zugemauerten Eingangs zum Bergfried befindet sich ein mit einem Kamin ausgestatteter Raum, wohl das Not-Refugium des Burgherrn. Heute betritt man den Bergfried über das Torgebäude und steigt zur Kemenate die Innentreppe hinauf. Sie weist eine große Ähnlichkeit mit derjenigen im Bergfried von Burg Belzig auf, wie ja auch die Kirchen beider Orte im – in unserer Region selten vorkommenden – kreuzförmigen Grundriss übereinstimmen. Alle übrigen Gebäudeteile von Schloss Wiesenburg sind erst aus späterer Zeit, wobei die Umbauten des 19. Jahrhunderts dominieren. Aber dennoch vermitteln die erhaltenen Teile einen guten Eindruck von einer romanischen Burg in Brandenburg.