Brandenburg: St. Gotthardt, Dom, St. Nikolai

Während des ganzen Mittelalters galt Brandenburg an der Havel als der Hauptort des Landes, dem es auch seinen Namen gab. Erst unter den Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern entwickelte sich Berlin zur Hauptstadt. Die Eroberung Albrechts des Bären hatte in Brandenburg ihren Anfang genommen, aber bereits 200 Jahre vorher war hier das erste Bistum gegründet worden (948), jedoch schon bald wieder untergegangen. Als Albrecht der Bär Brandenburg einnahm, existierte hier eine slawische Ringburg und eine kleine Ansiedlung auf dem Gelände der heutigen Dominsel.

Rekonstrukrion der slawischen Ringburg. Der Innendurchmesser betrug etwa 80m
Rekonstrukrion der slawischen Ringburg um oder nach 950. Der Durchmesser betrug etwa 80m. Quelle: https://slawenburgen.hpage.com/galerie415837.htmlnach Joachim Herrmann
Brandenburg, Dominsel. Verlauf der Burggräben des 7.-10. Jahrhunderts im Bistumsbereich des 12. Jh.
Brandenburg, Dominsel. Verlauf der Burggräben des 7.-10. Jahrhunderts im Bistumsbereich des 12. Jh.:
1. Hauptburg 2. Erdentnahmegraben 3. älteste Wallbasis 4. Gräben der Burgphasen 1-7 5. Graben der Vorburg 6. Petrikapelle 7. Dom und Klausurgebäude 8. Dombezirk
Aus: ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitee XXV (1996), Seite 14

Hier hatte sich auch der erste Dom aus ottonischer Zeit befunden, der aber – vermutlich aus Holz gebaut – beim großen Slawenaufstand abbrannte und keine Spuren hinterließ, weil auf seinem Platz inzwischen die genannte Burg der Slawenfürsten entstanden war, ebenfalls ein Holzbau. Aus der Tatsache, dass die letzten beiden dieser Herrscher bereits Christen waren (sie trugen die Taufnamen Meinfried und Heinrich), nicht aber ihre Untertanen, erklären sich ihre Bestrebungen zur Erneuerung des Bistums Brandenburg. Das sollte (genau wie auch das zweite Bistum Havelberg) als Ausgangspunkt der Christianisierung der ostelbischen Lande dienen. Parallel zum neuen Bischofssitz entstand die Stadt Brandenburg, in der sich noch heute die größte Anzahl romanischer Bauwerke im Lande befindet.

Domneubau / St. Gotthardt

Stadtkirche St. Gotthard Westfassade des Turms
Stadtkirche St. Gotthardt, Westfassade

Der erste Dombau

Noch vor der Übernahme der Mark Brandenburg durch Albrecht den Bären zogen die Leitzkauer Prämonstratensermönche unter ihrem Titularbischof Wigger nach Brandenburg/Havel um die Neueinrichtung des Bistums am traditionellen Ort vorzubereiten. Das muss vor 1150 erfolgt sein, denn Albrechts Vorgänger Pribislaw, der sie berufen hatte, war in diesem Jahr gestorben. 1160 begannen sie den Bau einer neuen Domkirche in der Siedlung Parduin (dort wo wenig später die Altstadt Brandenburg entstehen sollte), weil sich auf dem alten Standort nunmehr der slawische Burgwall befand.

Die Kathedrale sollte ein Gebäude für die Ewigkeit werden, deshalb verwendeten die Mönche Feldstein als Baumaterial. Dem Rang des Bauwerks entsprechend wurden die kristallinen Gesteine besonders sorgfältig zugehauen. Geplant war eine doppeltürmige Basilika, wie sie die Prämonstratenser bevorzugten. Ein entsprechender Kirchenbau (mit Doppelturmfassade, basilikalem Langhaus, Querschiff und einschiffigem Chor mit Apsis) hat sich in Burg bei Magdeburg (St. Nikolai Burg) vollständig erhalten, auch der Ursprungsbau der Berliner Nikolaikirche folgte (bis auf die Doppelturmfassade) diesem Plan.

Während der Bau in Parduin in die Höhe wuchs, hatte sich Albrecht der Bär nach Pribislaws Tod in dessen Burg auf der späteren Dominsel niedergelassen und vermutlich bereits mit dem Bau einer einschiffigen Saalkirche zur Demonstration der neuen Herrschaftsverhältnisse begonnen. Um das historische Besitztum des Bistums zu bewahren, forderte Bischof Wigger von ihm das alte Domareal zurück. Albrecht gab nach, behielt aber die Hoheitsrechte über das Gelände, auf dem umgehend ein neuer Kathedralbau begonnen und der schon weit fortgeschrittene in Parduin eingestellt wurde. Das monumentale, dreifach abgetreppte Portal mit Granitkapitellen und großem Überfangbogen in der Westwand, darüber das gewaltige Rundfenster sowie im Inneren die Vorhalle und die dreischiffige Herrscherloge im ersten Geschoss waren aber bereits vollendet und das Turmpaar hatte schon eine beeindruckende Höhe angenommen.

St. Gotthard Romanisches Westportal in der Feldsteinfassade
St. Gotthardt. Romanisches Westportal in der Feldsteinfassade
St. Gotthardskirche. Seltene Ornamente in Feldstein. Abgetreppte Bögen des Westportals.
Seltene Ornamente in Feldstein: Rohe Kapitelle mit angedeutetem Kämpfer.
St. Gotthard Turmkammer mit Rundbogenfenster und Feldsteinmauerwerk
Turmkammer mit Rundbogenfenster und Feldsteinmauerwerk
St. Gotthardskirche. Seltene Ornamente in Feldstein. Bogen des Westportals.
Abgetreppte Bögen des Westportals mit halbkugeligem Ornament.
St. Gotthard Turmkammer. Kleiner Andachtsraum.
Turmkammer. Kleiner Andachtsraum.
St. Gotthardskirche Gewölbe im Eingangsbereich des Turms. Barocke Kirchturmuhr.
Gewölbe der Vorhalle. Barocke Kirchturmuhr.

Backstein statt Feldstein: Die St. Gotthard Kirche

St. Gotthardskirche von Südost
St. Gotthardtkirche von Südost

Das Liegenlassen des angefangenen Großbaus ergab wenig Sinn. Deshalb bestimmte die Bürgerschaft der gerade gegründeten Altstadt Brandenburg die bereits errichteten Teile für den Bau der neu geplanten Pfarrkirche St. Gotthard. Das Patrozinium für St. Gotthardt aus Hildesheim (nach dem auch der Gotthardpass in den Alpen benannt ist) deutet auf die Kaufleute Brandenburgs hin, bei denen dieser Heilige sehr beliebt war. Für die jetzige Bürgerkirche gab man die monumentalen Doppeltürme auf, deren Stümpfe quer gestellte Satteldächer erhielten; in Feldstein zog man einen niedrigen Mittelturm hoch.

Ob die neuen Bauherren beim Weiterbau der Schiffe von der Verwendung von Feldstein Abstand nahmen, da Ziegelsteine durch das Domkloster jetzt leicht verfügbar waren und zudem das Bauen erleichterten, lässt sich nicht mehr klären, denn 1456 wurde mit Ausnahme der Westteile alles Romanische abgerissen und durch den Neubau einer Hallenkirche im jetzt vorherrschenden Baustil der späten Gotik ersetzt. Der romanische Mittelturm der Fassade erhielt einen zweistöckigen Aufbau in Backstein, der in der Barockzeit noch mit einer geschweiften Haube gekrönt wurde.

Ausstattung

St. Gotthard Triumphkreuzgruppe
Triumphkreuzgruppe

Das Innere der Hallenkirche mit ihren spitzbogigen Gewölben wurde prachtvoll ausgeschmückt. Es erhielt wertvolle Ausstattungsstücke wie das spätromanische Taufbecken aus Bronzeguss und den berühmten gotischen Einhornteppich. Diese beiden qualitativ hochwertigen Stücke stammen definitiv nicht aus Brandenburg, der Bildteppich höchstwahrscheinlich aus einem der Klöster in der Lüneburger Heide, dem nächst gelegenen Ort, an dem die Infrastruktur zur Herstellung solch eines Werks existierte. Der Wert für Bildteppiche bemaß sich an der Anzahl der Knoten und die Tatsache, dass die Brandenburger sich die 1A-Qualität nicht leisten konnten, macht den Teppich für uns heute besonders attraktiv: Durch die geringere Anzahl von Knoten erscheint die Darstellung quasi „verpixelt“ und abstrahiert, so dass sie ein wenig an expressionistische Kunstwerke erinnert.

Eine Triumphkreuzgruppe und ein Flügelaltar aus der Gotik, Renaissance-Epitaphe von Patriziern sowie eine barocke Wagner-Orgel vervollständigen die Ausstattung von St. Gotthard. Von der originalen Orgel, die über der Eingangsempore eingebaut ist, existiert allerdings nur noch der Prospekt – das eigentliche Instrument ist ein Neubau der renommierten Potsdamer Firma Schuke.

Spätromanische bronzene Taufschale aus dem 13. Jahrhundert
Spätromanische bronzene Taufschale aus dem 13. Jahrhundert
St. Gotthardskirche Böses Gesicht Ornament
Ornament „Das Böse Gesicht“
St. Gotthard Teppich mit Darstellung der Jagd auf ein Einhorn. 15. Jahrhundert.
Wertvoller Wirkteppich mit Einhorn-Darstellung. Aus der Lüneburger Heide, 15. Jahrhundert.
Zentrales Detail des Einhornteppichs.
Zentrales Motiv des Einhornteppichs.
St. Gotthardskirche Spätgotischer Flügelaltar
Renaissance-Triptychon mit typisch protestantischem Bildprogramm: Taufe, Abendmahl und Predigt

Die Kirche steht abgeschottet von der Altstadt auf einem engen Areal, das von stimmungsvollen alten Häusern umgeben ist. Hier befand sich auch, vor dem Umzug auf die Dominsel, der alte Bischofshof, der später an die adlige Familie von Saldern überging. Sie machten aus der gegenüber dem Westportal liegenden (und noch erhaltenen) Lateinschule von St. Gotthardt ein Gymnasium, Saldria genannt und brachten es dann an der Stelle des Bischofshofs nördlich von St. Gotthard unter. Die Saldria zog später noch mehrmals um.

Dom St. Peter und Paul

Dom St. Peter und Paul zu Brandenburg an der Havel. Blick von Süden auf die Dominsel.
Dom St. Peter und Paul zu Brandenburg an der Havel. Blick von Süden auf die Dominsel.

Anno 1165, unmittelbar nachdem die Prämonstratenser den Dombau in der Altstadt aufgegeben hatten, erfolgte die Grundsteinlegung der neuen Kathedrale auf der Dominsel. Die durch den Markgrafen an dieser Stelle bereits begonnene einschiffige und kreuzförmige Saalkirche aus Backstein mit einem Querriegel im Westen passte in ihrer schlichten Gestaltung nicht zu einer Bischofskirche, deshalb erfolgte gleich nach der Gründung eine Umplanung: Es sollte eine im Langschiff dreischiffige Basilika mit zwei Westtürmen entstehen, der nach wenigen Jahren eine zum Hauptschiff und dem Querhaus geöffnete Krypta unter dem Hohen Chor eingefügt wurde. Dieser Dom, den Aposteln Petrus und Paulus geweiht, weist trotz erheblicher Umbauten im Grunde noch das ursprüngliche Erscheinungsbild auf. Er ist das älteste vollständig erhaltene Bauwerk und Ausgangspunkt der Geschichte der Mark Brandenburg. Die Doppelturmfassade wurde allerdings ein Opfer der Geldknappheit, weshalb heute nur der Nordturm sowie ein Stumpf des Südturms existieren.

An die Nordseite des Doms schließen sich die drei Flügel der Klausur des Prämonstratenserordens an. Die Bauarbeiten begannen im Osten zur Zeit der Spätromanik und gehen langsam in die Frühgotik über. Das älteste Bauwerk in diesem Bereich ist die sogenannte Spiegelburg (die Bedeutung des Namens ist ungeklärt), die als nördliche Verlängerung des Ostflügels über das Geviert der Klausur hinausragt. Sie wurde kurz nach dem Dombau begonnen und ist nach der Petrikapelle und dem Dom der drittälteste Bauteil des Domkomplexes. Es handelt sich dabei um das Bischofspalais, bestehend aus einem großen Saal im Erdgeschoss und Wohnräumen im Obergeschoss. Da sich das Domgrundstück zur Bauzeit  in landesherrlichem Besitz befand und die Bischöfe in den Kaufmannssiedlungen Alt- und Neustadt Brandenburg ohnehin keine Herrschaftsrechte ausüben konnte, residierten sie hier nur ungern. Deshalb bauten sie die Burg Ziesar zu ihrer Residenz aus, die als Pfründe schon immer zum Bistum gehört hatte und deren Territorium (das so genannte Hochstift Brandenburg) ihrer Herrschaft unterstand. Die Zelebrierung der Gottesdienste im Dom zu Brandenburg überließen sie den Prämonstratenser-Chorherren des Domklosters.

Nach der Restaurierung der Spiegelburg soll im Erdgeschoss das Dommuseum untergebracht werden um endlich dem Brandenburger Domschatz (u. a. ottonische Gründungsurkunden, ein spätromanisches Evangelistar, ein ebenfalls spätromanisches gewirktes „Hungertuch“ sowie weitere unschätzbar wertvolle Ausstattungsstücke des mittelalterlichen Doms) eine angemessene Präsentation zu bieten. Im Obergeschoss soll das nicht weniger wertvolle Domarchiv unterkommen.

Von der mittelalterlichen Klausur existieren noch der Ost- und  Nordflügel mit dem doppelstöckigen Kreuzgang. Hier befinden sich im Untergeschoss die Klosterpforte, der Kapitelsaal, ein Sommer- und ein Winterrefektorium sowie im Obergeschoss das Dormitorium bzw. einige Klosterzellen. Im oberen Kreuzgang wurden mittelalterliche Wandmalereien entdeckt, die nach der Restaurierung ebenfalls der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. 

Die Bauarbeiten im Domkloster zogen sich über Jahrhunderte hin, das (nach Abriss des Vorgängerbaus) zuletzt errichtete Gebäude der Klausur ist der Westflügel, 1871 in neogotischem Stil als Neubau für die 1705 gegründete Ritterakademie (ein Gymnasium für den brandenburgischen Adel) eröffnet. Mit einer Unterbrechung im Revolutionsjahr 1848 existierte diese Einrichtung bis 1937, heute wird wird die 300-jährige Tradition der Schule im neu gegründeten evangelischen Domgymnasium fortgeführt. Es zog 2006 in einen renovierten DDR-Plattenbau auf der Dominsel um, der Gebäudeteil im Domkloster wird jetzt von der evangelischen Grundschule genutzt.

Der Gottesdienst im Dom wurde nach der Reformation von protestantischen Domherren durchgeführt, die als Laien nicht mehr in der Klausur wohnten, sondern sich auf dem Domhof eigene Kurien errichteten. Diese wurden kürzlich restauriert, dienen jetzt als Restaurant und Hotel und tragen dadurch zur Wiederbelebung des Domhofs bei. Die stattlichste Kurie ist die des Domprobstes Heinrich August de la Motte Fouqué, des Großvaters von Friedrich de la Motte Fouqué, dem Schöpfer von „Undine“.

Statische Probleme durch Umbauten in der Gotik

Dom Schiff Südseite
Domkirche Südseite mit Querschiff

Der Dom besaß ursprünglich ein niedriges Hauptschiff mit einer flachen Balkendecke. Dies wurde in Zeiten der Gotik mit ihren hoch aufragenden Gewölben zunehmend als unbefriedigend empfunden.

Dom St. Peter und Paul Brandenburg Rekonstruktionszeichnung des romanischen Innenraums. Aus der Festschrift zum 800 jährigen Bestehen des Doms.
Rekonstruktionszeichnung des romanischen Innenraums. Aus der Festschrift zum 800 jährigen Bestehen des Doms.

Man plante deshalb eine Aufstockung des Mittelschiffs und den Einzug von Gewölben. Für die Aufnahme der erhöhten Deckenlast verstärkte man die Dicke der romanischen Rundbogenpfeiler, so dass die romanischen Kämpfer aus Kalkstein jetzt nur noch zu zwei Dritteln auf den Pfeilern aufliegen (auf der zum Hauptschiff gewandten Seite). Da man aber den Rhythmus der Gewölbejoche nicht synchron zu dem der Rundbogenpfeiler gewählt hatte, entstand eine ungute Situation: An einigen Stellen lastete der Gewölbedruck nicht auf dem Pfeiler, sondern auf dem Rundbogen zwischen zwei Pfeilern. Das sorgte für Risse in den Wänden des Obergadens und für instabile Gewölbe.

Zu Zeiten Schinkels war der Dom stark einsturzgefährdet. Preußens oberster Baubeamter erkannte die Bedeutung dieses Bauwerks und regte Abhilfemaßnahmen an. Bei späteren Bauuntersuchungen kam heraus, dass es im Fundament, das ebenfalls als Pfeiler- und Bogenreihe konstruiert war, ähnliche Probleme gab. Auch hier wurden die Lasten über einem Bogen statt einem Pfeiler abgefangen. Obendrein standen die Fundamente im Graben von Pribislaws ehemaliger Burg und erreichten nirgendwo den gewachsenen Boden. Nach langwierigen und viele Millionen € teuren Renovierungsmaßnahmen ist der Dom nun aber saniert und gleichzeitig in erneuerter, am Mittelalter orientierter Farbigkeit wiederhergestellt worden.

Hautschiff mit romanischen Arkaden. Blick nach Osten
Hauptschiff mit romanischen Arkaden und verstärkten Pfeilern. Blick nach Osten
Hoher Chor
Hoher Chor mit Schrank, Sakramentshaus, Hochaltar, Taufstein und Gestühl.

Bunte Kapelle

Ein besonderes Prachtstück ist die im Südosten neben dem Chor liegende „Bunte Kapelle“ aus der Spätromanik mit ihren wundervoll gemalten Pflanzenranken. Sie befinden sich an der Decke, in den Segmenten des Kreuzrippengewölbes, das von einer Mittelsäule getragen wird. Auch an den Wänden sind noch Reste von Malerei zu sehen.

Die Bunte Kapelle mit wundercshönen mittelalterlichen Putzmalereien
Die Bunte Kapelle mit wunderschönen mittelalterlichen Fresken
Die Bunte Kapelle
Bunte Kapelle
Detail in der Bunten Kapelle
Spätromanische Backsteinornamentik in der Bunten Kapelle

Krypta

Dom St. Peter und Paul Brandenburg Krypta
Stich der Krypta. Aus „Inventar der Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg“ von R. Bergau, Berlin 1885, Vossische Buchhandlung, gemeinfrei

Die unter dem hohen Chor befindliche, zu den Querschiffen und dem Hauptschiff geöffnete romanische Krypta hat ihre Vorbilder in Oberitalien und findet im Norden nur noch in Jerichow eine Entsprechung. Durch ihre Ostfenster und die allseitige Öffnung zur Kirche hin wirkt sie hell und leicht und gar nicht wie ein unterirdisches Gebäude.

Krypta, in der Mitte des Bildes die Säulen, deren Kapitelle in den Detailaufnahmen gezeigt werden.
Krypta, in der Mitte des Bildes die Säulen, deren Kapitelle in den folgenden Detailaufnahmen gezeigt werden.

Die in wunderbarer Präzision ausgeführten romanischen Kalksteinkapitelle und sonstigen Schmuckelemente wurden in Magdeburg gefertigt, weil man in Brandenburg weder Zugang zu Werkstein noch Steinmetze mit dem entsprechenden Können besaß. Ihre Herstellung war in Unkenntnis ihres späteren Verwendungsortes erfolgt, weshalb die Einpassung vor Ort oft schwierig war. Man musste sie an schlecht passenden Orten verbauen und manchmal konnten sie nicht der Symmetrie der Architektur folgen, weil sie alles Einzelstücke waren. In der Mitte der Krypta sind zwei Säulen so eng aneinander gerückt, dass zwei der hervorragend ausgearbeiteten Schauseiten ihrer Kapitelle (wie man mit den Fingern ertasten kann!) überhaupt nicht sichtbar sind.

Allseitig detailreich ausgeführte Kapitelle.
Allseitig detailreich ausgeführte Kapitelle.
Allseitig detailreich ausgeführte Kapitelle. Nur eine Ausleuchtung zeigt die Details der einander zugewandten Seiten.
Erst die Ausleuchtung zeigt Details der einander zugewandten Seiten.

Ausstattung

Im Dom finden sich viele hochwertige mittelalterliche Ausstattungsstücke: Ein frühgotischer Paramentenschrank, gotisches Chorgestühl und zwei Triumphkreuze sowie bedeutende Altäre. (Das in der Krypta aufbewahrte, beschädigte Triumphkreuz ist noch spätromanisch).

Chorgestühl und Dreigiebelschrein
Gotisches Chorgestühl und dreigiebliger Paramentenschrank mir Lüftungsöffnungen
Triumphkreuzgruppe
Gotische Triumphkreuzgruppe

Der böhmische Altar

Ursprünglich stand mitten im Domchor der „Böhmische Altar“, ein Triptychon mit Schnitzfiguren einer Marienkrönung und vier Heiligen in der Mitte und je 12 Heiligen sowie gemalten Szenen aus dem Leben der Dompatrone Petrus und Paulus auf den Flügeln. Er lässt sich laut einer im Archiv verwahrten Urkunde auf 1375 datieren und steht mit dem Besuch Kaiser Karls IV. in Brandenburg in Verbindung, als dieser dem Dom wertvolle Reliquien von Petrus und Paulus stiftete. Vielleicht schuf der Künstler den Altar für diesen Anlass, denn offensichtlich gab es in jener Zeit einen regen kulturellen Austausch mit Böhmen, woher sicherlich der Schöpfer des Brandenburger Altars stammte. Schließlich waren die Luxemburger, das Kaiserhaus, dem Karl IV. angehörte, gleichzeitig Herrscher Böhmens und Brandenburgs.

Böhmischer Altar
Böhmischer Altar. Die Figuren in der Predella sind leider verloren gegangen.
Von Jörg Blobelt – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0

Die auf Goldgrund gemalten Szenen auf der Unterseite der Flügel zeichnen sich durch einen lebhaften Realismus aus, insbesondere in den Bildern der Paulus-Vita mit dem Damaskus-Erlebnis und der Predigt an die Juden. Diese tragen anachronistischer Weise den Judenhut, mit dem man im Mittelalter die jüdischen Bürger kennzeichnete, aber auch diskriminierte. Die Petrus-Szene auf dem See Genezareth ist höchst originell: Petrus bemerkt verwundert, dass er versinkt, während der Herr auf dem Wasser geht und ihm die rettende Hand reicht.

Wandlung des Saulus zu Paulus
Wandlung des Saulus zum Paulus in der höchst dramatischen Damaskusszene.
Pauluspredigt
Paulus lässt sich taufen und seine Predigt an die Juden
Petrus auf dem See Genezareth
Petrus auf dem See Genezareth

Der Klappaltar, ein einzigartiges Kunstwerk, wurde in der Barockzeit auseinander genommen und mit dem Lehniner Altar, der nach der Aufhebung dieses Klosters in der Reformation nach Brandenburg gelangte, zu einem Gesamtkunstwerk verschmolzen. Erst Ende des 19. Jh. erkannte man den hohen Wert der böhmischen Bildtafeln und rekonstruierte den originalen Altar – leider nicht ganz richtig. Er hat jetzt im Südflügel des Querschiffs seine Aufstellung gefunden. Im Chor mit dem Hauptaltar steht nach wie vor der (ebenfalls restaurierte) Lehniner Altar.

Die „Judensau“

Ein weiterer Bezug zum mittelalterlichen Verhältnis der Menschen zum Judentum findet sich in der Darstellung der „Judensau“ im Kreuzgang. Hier kann man auf einem Kapitell in Augenhöhe eine Sau erkennen, die ihre Ferkel säugt. Der Kopf des Tieres ist allerdings menschlich, bekleidet mit dem charakteristischen Judenhut. Ein weiterer als Jude gekennzeichneter Mann greift nach dem Kot des Schweins. Da sich die Darstellung im Innern der Klausur befindet, die nur Klerikern zugänglich war, muss es sich hier um eine „theologische“ Auseinandersetzung mit dem Judentum gehandelt haben und nicht um ein Machwerk zur Aufhetzung der Gläubigen. Da aber die Kleriker genauso wie die Gemeinde die Juden als „Mörder unseres Herrn“ ansah, hatten sie keinerlei Hemmung, eine solch diffamierende Darstellung an einem geweihten Ort anzubringen.

Älteste bekannte sogenannte "Judensau" um 1230. Kapitell im westlichen Kreuzgang.
Älteste bekannte sogenannte „Judensau„, um 1230, an einem Kapitell im Kreuzgang des Ostflügels der Klausur. Ein namentlich genannter Jude wird als Schwein mit menschlichem Gesicht und „Judenhut“ gezeigt, das Ferkel säugt. Das den Juden als unrein geltende Schwein symbolisiert hier die Synagoge (das Judentum), die Darstellung wirkt auf mehrfache Weise verhöhnend, herablassend und demütigend.

Weitere Ausstattung

Orgel von Joachim Wagner 1723 bis 1725
Orgel von Joachim Wagner 1723 bis 1725

Von den neueren Ausstattungsstücken ist die barocke Wagner-Orgel eines der besten Instrumente in Brandenburg. Im Dommuseum werden weitere Schätze gezeigt, wie das gewebte „Hungertuch“ von 1290, mit dem man zur Fastenzeit den Altar verhüllte und die Originale der Urkunden zur Gründung des Bistums Brandenburg von 948 und der Stadt Berlin von 1244.

Grundriss

Grundriss des Doms und der Klausurgebäude
Grundriss des Doms und der Klausurgebäude mit Kennzeichnung der Bauphasen. Die älteste aus dem 12. Jh. ist tiefschwarz. Der Anbau im Norden ist die zeitgleich mit dem Dom errichtete Spiegelburg.
Eichholz 1912, Taf. 43, gemeinfrei

Rundgang um den Dom

Auch ein Rundgang um den Dom fördert Interessantes zutage: Da ist zum einen der Davidstern an der Fassade (halb verdeckt durch die Türme), der dennoch für eine christliche Kirche nichts Ungewöhnliches ist, denn das Symbol galt als das Siegel Davids und per definitionem entstammt ja der Messias demselben Geschlecht.

Hexagramm an der Westfassade des Hauptschffes.
Hexagramm an der Westfassade des Hauptschffes.

Das Hexagramm sollte während der Nazidiktatur durch ein Hakenkreuz ersetzt werden, wozu es aber zum Glück nicht kam, weil es sich an einer schlecht sichtbaren Stelle befindet und seine Entfernung wertvolle mittelalterliche Bausubstanz zerstört hätte.

Zum anderen stehen am Domhof die Domherrenhäuser, zwar nicht mehr mittelalterlich, aber dennoch ein sehr stimmungsvolles Ensemble bildend.

Dom St. Peter und Paul mit Domklausur
Dom von Westen mit Domklausur und der nördlich darüber hinausragenden Spiegelburg.
Aufnahme von Gregor Rom – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0,

Das gesamte ummauerte Domareal mit Petrikapelle, dem Domensemble, den Domherrenhäusern und weiteren alten Gebäuden hat einen großen Reiz und zählt mit zu den schönsten Orten in der Mark Brandenburg.

Domklausur Ostflügel
Domklausur Ostflügel von außen

Auch auf der Nordseite der Klausur befinden sich spätromanische und frühgotische Gebäude sowie die sogenannte Spiegelburg, das Palais des Brandenburgischen Bischofs und nach dem Dom zweitältestes Gebäude des Komplexes. Während der DDR-Zeit war in den mittelalterlichen Gebäuden nördlich der Klausur ein Priesterseminar eingerichtet – damals ein Refugium für kritische Geister.

Brandenburg Dom Nördlicher Kreuzgang
Nördlicher Kreuzgangflügel
Brandenburg Dom Klausur Nordflügel
Nordflügel der Klausur
Die Spiegelburg, das älteste Gebäude der Klausur
Die Spiegelburg am Nordflügel der Klausur, einst Residenz des Bischofs von Brandenburg, das zweitälteste Gebäude des Komplexes.
Romanisches Fenster in der Spiegelburg.
Noch nicht restauriertes vermauertes Portal mit abgetrepptem romanischem Bogen in der Spiegelburg.

Petrikapelle

St. Petri Kapelle Ansicht von Nordost
St. Petri-Kapelle, Ansicht von Nordost

Südlich des Domareals steht auf einem ummauerten Gelände die gotische Petrikapelle, ein relativ kleiner rechteckiger Bau von etwa 26,5 × 12 m Seitenlänge. Laut sehr alter Urkunden ging sie aus der Burgkapelle des letzten slawischen Landesherrn hervor, des Pribislaw, der sich nach der Konversion zum Christentum Heinrich nannte. Im unteren Bereich der Wände zieht sich Feldsteinmauerwerk aus regelmäßig behauenen Quadern um den gesamten Bau herum, das sich unschwer in die Zeit des ersten Dombaus, der späteren St. Gotthard Kirche, datieren lässt. Zu dieser Zeit war Pribislaw aber bereits tot, weshalb dieser romanische Bau noch einen Vorgänger haben muss.

Petrikapelle Feldsteinmauerwerk Aufnahme von Norden
St. Petrikapelle, umlaufendes Feldsteinmauerwerk. Aufnahme von Norden.

Bei archäologischen Ausgrabungen, die leider nicht das gesamte Gebäude umfassten, fanden sich unter dem Fußboden Überreste, die sich als dieser Vorgängerbau deuten lassen. Weiterhin fand man bei der Öffnung des vermauerten südlichen Portals einen – seit Jahrhunderten als Schwelle dienenden – Grabstein. Er war einst liegend im Fußboden verbaut, worauf Trittspuren hindeuten und zeigt ein eingemeißeltes Vortragskreuz, das auf einer Basis ruht, die mit einem Flechtbandknoten verziert ist, einem eindeutigen Hinweis auf den Stil der Romanik. Wie wir schon in der Krypta sahen, sind skulptierte Steine aus der Zeit der Romanik eine absolute Rarität östlich der Elbe und wurden zumeist aus Kunstzentren im Westen importiert. Der gefundene Stein ohne Namensbezeichnung könnte zum Grabmal einer hochgestellten Persönlichkeit des 12. Jahrhunderts gehört haben, vielleicht sogar dem von Pribislaw selbst. Die Spolie wird jetzt im Dom aufbewahrt und harrt einer abschließenden Untersuchung und der Klärung der Frage, wie sie im Kontext der Domschätze auszustellen ist.

Grabstein des 12. Jahrhunderts in Fundlage.
Grabstein des 12. Jahrhunderts in Fundlage.
Th. Bartel, pmp-Architekten, in Joachim Müller: Resterampe oder Spitzenwerk? Die Bauplastik in der Krypta des Brandenburger Doms
(Bd. 26 [2014]: Mitteilungen der DGAMN: Vom Schicksal der Dinge. Spolie – Wiederverwendung – Recycling)

Das heutige Erscheinungsbild der Kapelle geht auf einen Umbau in Backstein zurück, auf den Ablässe im Jahr 1312 hinweisen. 100 Jahre später wurde sie zur zweischiffigen Halle mit Zellengewölben, einer in Böhmen entstandenen, speziellen gotischen Wölbungstechnik, die an Faltarbeiten aus Papier erinnert. Außen umziehen schlichte Blenden den Bau, lediglich der Ostgiebel ist reicher verziert. (Der im Westen entstammt einer Renovierungsmaßnahme des 19 Jh.). Die drei äußeren Stützpfeiler mussten 1588 wegen des sumpfigen Untergrunds angebracht werden.

Stadtkirche St. Nikolai

St. Nikolaikirche Ansicht der romanischen Basilika von Südost
St. Nikolaikirche: Ansicht der romanischen Basilika von Südosten

Vor dem Plauer Torturm liegt auf einem kleinen Hügel die Nikolaikirche. Sie wurde um 1170 als Pfarrkirche der Kaufmannssiedlung Luckenberg gegründet, verkehrsgünstig an der Handelsstraße Magdeburg – Lebus gelegen. Das Patrozinium an den heiligen Nikolaus, u. a. Schutzherr der Kaufleute, weist auf den Beruf der Siedler hin. Doch schon bald vereinigte man Luckenberg mit der Altstadt Brandenburg, denn zu diesem Zeitpunkt wäre die Existenz von zwei so nahe beieinanderliegenden Siedlungen für beide nicht profitabel gewesen. Nur wenige Jahrzehnte später sah die Situation bereits ganz anders aus. Wegen der anhaltenden Zuwanderung gründete man östlich der bestehenden eine weitere Stadt Brandenburg, die Neustadt, mit eigener Stadtmauer, Rathaus und Pfarrkirche. Über das gesamte Mittelalter bestand Brandenburg dann aus drei selbstständigen Verwaltungseinheiten: der Dominsel, der Altstadt und der Neustadt.

Baugeschichte

Stil

Die norddeutschen Backsteinbauten und ihre Schmuckformen haben einen eindeutigen Bezug zu entsprechender Architektur der Lombardei. Mönche und Klöster (in unserem Falle die aus Jerichow) verbreiteten sie im gesamten Backsteingebiet Nordeuropas. Speziell der Kreuzbogenfries mit den sich überschneidenden Rundbögen ist ein internationales Motiv, das insbesondere in England, Frankreich, Spanien und Italien anzutreffen ist. Seinen Ursprung hat er im islamischen Raum und kam über Spanien und Sizilien hierher. Da auch die Krypta des Brandenburger Doms und die des Klosters von Jerichow Entsprechungen in Oberitalien haben, ist der Kontakt brandenburgischer Baumeister mit Bauleuten von jenseits der Alpen nicht von der Hand zu weisen.

Hochromanik

Zunächst entstand die Ostseite der Nikolaikirche im Stil der Hochromanik. Bei der Wahl des Baumaterials konnte man wohl auf die Ziegelproduktion der Dombauhütte zurückgreifen, was den Bau sicherlich erleichterte. An der Apsis wird eine Bauunterbrechung durch die unterhalb des Daches abbrechenden Halbsäulen und den fehlenden Rundbogenfries sichtbar, an den Ostteilen können wir am Verlauf des einfachen Rundbogenfrieses erkennen, an welchem Punkt die Bauarbeiten unterbrochen wurden, nämlich am Übergang des Chors zum Schiff. Der Grund dafür lag an der Eingemeindung Luckenbergs und der Fertigstellung der Gotthardkirche, deren Größe für die Einwohnerschaft der gesamten Altstadt mehr als ausreichend war, außerdem lag die Nikolaikirche jetzt außerhalb der Stadtmauer.

St. Nikolaikirche. Ansicht von Ost auf Apsis und Nebenapsis
Ansicht von Osten auf Apsis und südliche Nebenapsis, die nördliche wird durch die Sakristei verdeckt
St. Nikolaikirche Hauptschiff und südliches Seitenschiff mit Nebenapsis
Hauptschiff und südliches Seitenschiff mit Nebenapsis
Romanisches Kreuzbogenfries (unten) am südlichen Seitenschiff und Spitzbogenfries.
Romanischer Kreuzbogenfries (unten) am südlichen Seitenschiff und Winkelfries

Spätromanik

Erst nach längerer Unterbrechung baute man die Kirche zu Ende, jetzt im Stil der Spätromanik, erkennbar an den gedrückten Spitzbögen der Arkaden im Innern. Es entstand eine querschifflose Basilika mit Apsis und Nebenapsiden an den Seitenschiffen und einem Westturm, entsprechend dem Typ der Stadtkirchen der zweiten askanischen Besiedlungswelle, wie sie östlich von Berlin um 1250 entstanden (siehe Oderland/Uckermark-Route, aber auch im Jerichower Land). Aufgrund der frühen Bauzeit ist St. Nikolai vielleicht sogar das Vorbild dieser Bauten.

St. Nikolaikirche Ansicht von Südwest.
Ansicht von Südwesten
St. Nikolaikirche Rundbogenfries an der Nordwand des Hauptschiffs
Rundbogenfries an der Nordwand des Hauptschiffs
St. Nikolaikirche. Ansicht romanischen Basilika von Norden
Ansicht von Norden

Niedergang

Das ungünstige Faktum, dass St. Nikolai außerhalb der Stadtmauer der Altstadt lag und der Pfarrei von St. Gotthard zugeschlagen wurde, beeinflusste ihr späteres Schicksal negativ. Zunächst erfährt man aus den Chroniken nichts, aber zur Raubritterzeit im 15 Jh. war sie zur Ruine verkommen und diente z. B. den Quitzows als Basis für einen Überfall auf Brandenburg.

Nach dem Wiederaufbau 1467 erhielt sie zeitweilig einen eigenen Priester, wurde aber nach der Reformation nur noch als Friedhofskapelle benutzt, in die man Erbbegräbnisse einbaute. Wegen mangelhafter Unterhaltung drohte ihr 1845 sogar der Abriss, aber 1901 erfolgte schließlich die erste umfangreiche Renovierung seit dem 15. Jahrhundert. Die Grabeinbauten wurden beseitigt und die romanischen Rundbogenfenster wiederhergestellt.

Im Jahre 1945 wurde St. Nikolai von einer Sprengbombe getroffen, die die Westfassade mit Turm und die Dächer zerstörte. Zwar wurde sie von der St. Gotthard-Gemeinde mit viel Engagement wiederaufgebaut, auf Dauer jedoch war die Gemeinde außerstande, zwei Kirchen zu unterhalten. Deshalb wurde das Gebäude 1975 ausgeräumt und nicht mehr genutzt. Vandalismus und Witterungseinflüsse führten wieder zu einem desolaten Zustand. Schließlich übernahm es die katholische Kirche und führte es einer neuen Nutzung zu: Als Gebets- und Gedenkstätte für die Opfer ungerechter Gewalt dient die Kirche nunmehr der regelmäßigen Feier des Gottesdienstes, der ökumenischen Begegnung und anderen kirchlichen Zwecken.

Äußeres

Durch die Wiederherstellungsarbeiten nach dem Zweiten Weltkrieg hat St. Nikolai jetzt ein sehr schönes, geschlossenes romanisches Erscheinungsbild. Die Kirche erhebt sich vor dem Plauer Tor auf dem Grün des ehemaligen Friedhofs. Die Ostansicht zeigt Apsis und Nebenapsis, sowie einen Sakristeianbau, der die Nordapsis teilweise verdeckt. Diese Sakristei war, wie an den Fundamenten erkennbar, von von Anfang an Bestandteil des Gebäudes.

St. Nikolaikirche. Ansicht der romanischen Backstein-Basilika von Nordost
Ansicht von Nordosten mit Baunaht nach dem dritten Chorfenster. In der Mitte der kreisrunden Obergadenfenster ein rautenförmiges.

Die hochromanischen Bauteile im Osten (Apsis und Chor mit seinen drei rundbogigen Fenstern auf jeder Seite) heben sich deutlich ab vom basilikalen Langhaus mit seinen kreisrunden Fenstern im Obergaden. Im Chor gibt es eine (vermauerte) Priesterpforte , während in den Seitenschiffen Gemeindepforten existieren (die südliche vermauert). Der Westteil ist durch das hellere Baumaterial sowie seine eigenwillige Form leicht als Neubau zu identifizieren.

St. Nikolaikirche Westfassade
Westfassade
St. Nikolaikirche romanisches Westportal
Neoromanisches Westportal
St. Nikolaikirche Detail Westfassade
Detail Westfassade

Inneres

Im Innern kann man erkennen, dass die älteren Ostteile mit rechteckigen Kreuzgewölben gedeckt sind. Hier befindet sich der rundbogige Triumphbogen in dem ein Triumphkreuz aus dem 16. Jh. steht. (Als Leihgabe aus dem Rheinland gibt es hier auch einen romanischen Taufstein aus dem 12. Jh.) Direkt nach der Fertigstellung des Chors trat die Bauunterbrechung ein und der Weiterbau des dreischiffigen Langhauses (ohne Gewölbe) erfolgte erst nach längerer Pause. Der Stil ist jetzt spätromanisch, der Anschlussbogen ans Schiff und dessen Arkaden weisen bereits gedrückte Spitzbögen auf. Der Gesamteindruck mit flacher Holzbalkendecke, schweren Formen und wenig Licht im Innern bleibt dennoch ganz romanisch. Die kleinen Obergadenfenster sind – einmalig in Brandenburg – kreisrund, nur auf der Nordseite ist eines als Rhombus ausgebildet.

St. Nikolaikirche Innenansicht Hauptschiff nach Osten
Innenansicht Hauptschiff nach Osten. Von Gregor Rom – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0,

Grundriss

Brandenburg St. Nikolai, Grundriss nach Georg Dehio, gemeinfrei.
Brandenburg St. Nikolai, Grundriss nach Georg Dehio, gemeinfrei.

Infobox


Adressen

Empfohlene Route

Westliche Route

Offizielle Websites

St. Gotthardt

Dom St. Peter und Paul

St. Nikolai

Gastronomie

Restaurant Remise auf dem Domgelände

An der Dominsel (Restaurant und Weinsalon)

Restaurant am Humboldthain (feine Küche)