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Massen und Dobrilugk
Um nach Massen zu gelangen, müssen wir von der Route nach Dobrilugk über Finsterwalde nach Osten abweichen, doch lohnt der Umweg allemal. Massen gehört zu den (am Ende 40) Dörfern, die zum Besitz des Klosters Dobrilugk gehörten und seinen Reichtum ausmachten. Das Kloster beeinflusste die Kirchenarchitektur vieler Bauten in seinem Umkreis, nicht aber die von Massen, dessen Kirche zum größten Teil schon stand, als das Dorf dem Kloster übereignet wurde. Das wird an der Verwendung von Feldstein als Baumaterial deutlich, während Dobrilugk selbst und viele seiner Filialkirchen aus Backstein bestehen. Wie die nahe gelegene Kirche von Lindena ist sie von Anfang an als dreischiffige Basilika angelegt, was auf großen Optimismus des Gründers bezüglich der weiteren Entwicklung Massens hindeutet, war doch die Basilikaform aufgrund des größeren Raumvolumens in der Regel den Stadtkirchen vorbehalten. Erfüllte sich solch eine optimistische Erwartung nicht, war die Dorfgemeinschaft gezwungen, ein für ihre Verhältnisse überdimensioniertes Gebäude zu unterhalten. Speziell wenn größere Reparaturen anstanden, entschloss sich die Gemeinde deshalb häufig, das Gebäude zu verkleinern, z.B. durch Abriss der Seitenschiffe.

An sechs Beispielen in Brandenburg (der Liebfrauenkirche in Jüterbog und der Nikolaikirche in Treuenbrietzen sowie den Dorfkirchen von Prädikow und Hohenfinow auf der nordöstlichen Route und von Falkenhagen und Massen) können wir diesen Vorgang nachvollziehen: Standen teure Dachreparaturen oder Wiederaufbaumaßnahmen nach Kriegszerstörungen an, entschlossen sich die überforderten Gemeinden, die nach ihrer Meinung überflüssigen Seitenschiffe einfach zu beseitigen. Schließlich erforderte die nunmehr protestantische Liturgie nur noch einen einzigen Raum für den Gottesdienst; Seitenschiffe, Chor, ja selbst die Apsiden waren nach der Reformation eigentlich obsolet geworden. Das Abbruchmaterial wurde zur Vermauerung der Mittelschiffsarkaden verwendet. Das ästhetische Ergebnis solch einer Maßnahme war in der Regel unbefriedigend, wurden doch dadurch die Proportionen des Bauwerks empfindlich gestört, auch hob sich das unregelmäßige Verfüllungsmaterial unschön von der sauberen Quaderung der romanischen Wände ab. Doch im Inneren des Gebäudes störte das nicht, da die Wände verputzt und weiß gekalkt wurden.
Dreischiffige Basilika
Die Massener Dorfkirche ist ein für die hiesige Romanik besonders interessantes Exemplar, mit vielen ungewöhnlichen Details. Es handelt sich um eine vierteilige Basilika, bestehend aus Westturm, ehemals dreischiffigem Langhaus, einschiffigem Chor und Apsis, entstanden um 1250, ausweislich der sauberen Quaderung und dem gemeinsamen Vorkommen von Rund- und gedrückten Spitzbögen.

Der ungewöhnlich massige, über die Mittelschiffsbreite hinausgehende Westriegel mit einem dreifach gestuften, spitzbogigen Portal und darüber einem Rundbogenfenster gehtt noch bis zur Firsthöhe des Kirchenschiffs auf die Erbauungszeit zurück. Das Fenster über dem Portal ist (sehr reizvoll) mit wechselnden Lagen aus Granit und schwarzem Raseneisenstein gestaltet, ein Motiv, das wir schon in Riedebeck gesehen haben. Zur Zeit der Gotik bekam der Turm (sicherlich unter dem Einfluss der Bauhütte von Dobrilugk) das backsteinerne Glockengeschoss aufgesetzt mit einem großen, von zwei deutschen Bändern umrahmten Okulusfenster nach Westen und zwei gotischen Fenstern an den Seiten sowie einer sehr sparsamen Rundstabgliederung an der Turmkante.
Die Schallarkaden unterhalb des Walmdachs sind korbbogig, stammen also aus noch späterer Zeit. Im Erdgeschoss kragt das Feldsteinmauerwerk des Turms seitlich aus und nimmt die Form der Seitenschiffe auf, was man trotz deren Abriss noch gut erkennen kann. Blickt man auf den Turm von Norden und Süden, bemerkt man zwei (jetzt zugesetzte) spitzbogige Öffnungen im Format der Langhausarkaden, die den Turm und die ehemaligen Seitenschiffe verbanden.


Ehemalige Seitenschiffe
Vier zugesetzte Arkaden und Reste der Grundmauern zeigen auf der Nordseite die Position des Seitenschiffs an, auf der Südseite existieren noch zwei intakte Joche desselben, allerdings mit einer späteren Verlängerung in den Chorbereich hinein.







Im Langhaus entsprechen vier rundbogige, weit oben am Dachfirst anstoßende Fenster ungefähr dem Rhythmus der darunter liegenden gedrückt spitzbogigen Arkaden. Im Süden (der Lichtseite) sind sie geöffnet (plus zwei zusätzlichen Erdgeschossfenstern in den vorderen beiden Arkaden), während sie auf der sowieso dunklen Nordseite (auch wegen der innen befindlichen Empore) vermauert sind.
Der Chor besitzt auf jeder Seite zwei spitzbogige Lanzettfenster, auf der Südseite vermauert und durch zwei größere, korbbogige ersetzt; die Seitenschiffe enden am Mittelschiff, so dass der Ostteil einschiffig bleibt.


Die im Süden erhalten gebliebenen zwei Joche des Seitenschiffs mit zwei (vermauerten) romanischen Fenstern sind durch einen späteren Anbau bis in den Chorbereich verlängert, was an einer Baunaht zwischen dem korbbogigen Portal und dem Rechteckfenster erkennbar ist. Im Innern des als Vorhalle und Sakristei genutzten späteren Gebäudeteils befindet sich eine (jetzt zugesetzte) spitzbogige Priesterpforte .

An den Chor schließt sich die leicht eingezogene Apsis mit drei originalen Rundbogenfenstern an.

Innenraum
Das Innere ist (wie so häufig bei Dorfkirchen) mit einer dreiseitigen Empore aus dem 18. Jh. zugestellt und besitzt aus der Zeit der Romanik nur noch den gedrückt spitzbogigen Triumphbogen und den aus Granitquadern gemauerten Altarblock, Der Rest stammt aus Renaissance (Kanzel) und Barock (Altar, Gestühl und Skulpturen). Interessant sind die spätgotischen Zellengewölbe aus dem 16. JH. im Chor, die an Papierfaltarbeiten erinnern und ihren Ursprung im nicht weit entfernten Böhmen haben. (In der Petrikapelle auf dem Brandenburger Domgelände befinden sich ebensolche Gewölbe). Weil sie tief in den Raum hineinragen, mussten die originalen Lanzettfenster auf der Nordseite halb vermauert werden.
Grundriss
