Dorfkirche Grünow

Chorturmkirche Grünow Südansicht
Chorturmkirche Grünow, Südansicht

Die 24 km lange Strecke von Stolpe nach Grünow führt vom Oderbruch in die Uckermark. „Mark“ stand im Mittelalter für „Grenzland“ und die Uckermark erhielt ihren Namen im 15. Jh., nachdem sie endgültig in brandenburgischen Besitz übergegangen war. Zuvor war das Land der slawischen Ukranen zwischen Pommern, Mecklenburgern und Brandenburgern umkämpft. Die Besiedlung und Christianisierung dieser Region ging zunächst vom slawischen Herzogtum Pommern aus. Jedoch unterschied sich dessen Art des Landesausbaus nicht von jener, die von Brandenburg, Magdeburg und Sachsen betrieben wurde. Auch hier wurden deutsche Siedler aus Gebieten westlich der Elbe angeworben und die Gründung der Orte erfolgte auf die gleiche Weise wie bei den anderen Landesherren einschließlich der Vergabe eines „werbenden“ Ortsnamens (Grünow = grüne Aue). Bedingt durch die vielen Kriege zur Eroberung des Landes setzte der Besiedlungsprozess allerdings erst um 1230, also deutlich später als in den anderen Landesteilen, ein. Durch den Vertrag von Landin kam die gesamte Uckermark 1250 erstmalig in den Besitz der Askanier, die sie aber zwischenzeitlich wieder an die Pommern verloren. Erst nach weiteren kriegerischen Auseinandersetzungen wurde sie mit dem Frieden zu Wittstock 1442 endgültig brandenburgisch.

Chorturmkirche

Die kleine Feldsteinkirche in Grünow mutet auf den ersten Blick eigenartig an. Das liegt daran, dass hier die traditionellen Versatzstücke einer spätromanischen Dorfkirche (Turm, Schiff, Chor und Apsis) anders angeordnet sind. Von Westen kommend, erkennt man zuerst das Kirchenschiff mit einer vorgebauten Eingangshalle des 19. Jh., woraus man auf eine dreiteilige Anlage ohne Westturm schließen müsste. 

Chorturmkiche Grünow Chor Westfassade mit Vorhalle
Westfassade mit Vorhalle

Die Kirche hat jedoch einen Turm, der sich aber auf dem an das Schiff anschließenden, eingezogenen Chor erhebt.  An der Ostseite dieses Chorturms befindet sich dann – wie gewohnt – die Apsis. Solch ein Kirchentyp wird als Chorturmkirche bezeichnet und kommt relativ häufig in der Altmark, gelegentlich auch in Sachsen und sogar in Bayern vor. In Brandenburg existierten nur zwei Exemplare, in Grünow und Ladeburg, wobei in letzterem der Chorturm später entfernt wurde.

Chorturmkiche Grünow Turm mit Apsis Ansicht von Osten
Chorturm, fünf-fenstrige Apsis und Sakristei, Ansicht von Osten.

Verkehrt Grünow

Auch die Einwohner und Besucher des Ortes empfanden das Bauwerk als eigenartig, erschien es ihnen doch, als hätte man den Kirchturm an der verkehrten Stelle platziert. Diese Anschauung führte zu dem Spottnamen „Verkehrt Grünow“, wohl auch, um es von den vielen anderen Grünows in Brandenburg zu unterscheiden. Der Bau einer Chorturmkirche könnte ein Hinweis auf die sachsen-anhaltinische Herkunft der Siedler sein, schließlich finden sich hier auch einige Ortsnamen aus jener Region. Auf eine Bauzeit um 1240 deuten die regelmäßigen Feldsteinquader hin, auch das gleichzeitige Vorkommen von Rundbögen (der Triumph- und Apsisbogen) und gedrückten Spitzbögen. Auf der Südseite kann man noch gut das zugesetzte Gemeindeportal (wegen Errichtung des Haupteingangs im Westen überflüssig geworden) sowie eine ebenfalls vermauerte Priesterpforte erkennen, beide mit gedrücktem Spitzbogen.

Bei der Vergrößerung der Fenster im Kirchenschiff vernichtete man die Spuren der ursprünglichen. Auf der Südseite des Chors existieren noch zwei originale, gedrückt-spitzbogige Fenster, im ersten Geschoss des darauf stehenden Chorturms noch zwei (von ursprünglich drei) originalen Blendfenstern mit der gleichen Bogenform. Die obere Etage scheint nicht mehr aus der Bauzeit zu stammen, denn dort sieht das Quaderwerk „unordentlicher“ aus. Als große Rarität hat Grünow fünf Fenster in der Apsis, anstelle der üblichen drei. Die vier seitlichen sind noch original, das mittlere wurde später vergrößert. Erstaunlicher Weise sind ihre Bögen außen gedrückt spitz- und innen rundbogig ausgebildet. An die Nordseite des Chors ist – ebenfalls aus Feldstein – eine Sakristei angebaut. Sie besitzt den gleichen Feldsteinsockel mit Hohlkehle, wie er sich auch um die gesamte Kirche herumzieht. Das ist ein Hinweis darauf, dass sie zusammen mit der Chorturmkirche errichtet wurde.

Chorturmkiche Grünow Turmfenster und Priesterpforte
Zugesetzte Priesterpforte, originale Chorfenster und zwei originale Blenden.

Innenraum

Das sehr ansprechende Innere besitzt eine flache Balkendecke im Schiff, ein Kreuzgewölbe im Chor und das übliche Halbkuppel-Gewölbe in der Apsis. Der rundbogige Triumphbogen wurde Anfang des 20. Jh. mit Malereien versehen. Aus derselben Zeit stammt auch das Mobiliar mit Ausnahme der Kanzel (um 1700).

Chorturmkirche Grünow Blick durch Chor und Turm zur Apsis
Blick durch Chor- und Turmraum zur Apsis
Chorturmkirche Grünow Apsis mit Altar
Ostansicht: Apsis mit aus Feldstein gemauertem Altar und schönem Kalottengewölbe. Exaktes Kreuzgewölbe im Chor.

Es ist schwer vorstellbar, dass dieses ungewöhnliche Juwel einer Dorfkirche von den Bewohnern ohne Zuhilfenahme eines oder mehrerer Experten errichtet wurde, die man zumindest für den Bau des Kreuzgewölbes und der Apsiskalotte benötigt hätte. Zur besonderen Stimmung des Ensembles trägt die erhaltene Kirchhofsmauer aus Feldstein mit ihren zwei barocken Toren sowie das benachbarte (leider sehr herunter gekommene) Gutshaus bei.

Infobox


Adresse

Empfohlene Route

Nordöstliche Route

Offizielle Website

keine