Kloster Zinna

Zinna Klosterkirche: Blick von Südost auf Apsis, Chor und Querschiff.
Zinna Klosterkirche: Blick von Südost auf Apsis, Chor und Querschiff.

Die Zisterzienser

Die Gründung des Zisterzienserordens 1098 in Cîteaux (aus dem latinisierten Namen des Ortes, Cistercium, leitet sich der Ordensname ab) war eine Reaktion auf die zunehmende Verweltlichung des mittelalterlichen Klosterlebens. Viele Klöster waren durch ausgedehnten Grundbesitz und die daraus resultierenden Einkünfte sehr reich geworden. Das wirkte sich negativ auf das Klosterleben aus, das eine einfache, aufs Spirituelle bezogene Lebensführung verlangte.

Der Ordensgründer, Robert de Molesme, hatte am Beispiel des Klosters Cluny erfahren, wie schnell Reformideen aufgrund von wachsendem Reichtum wieder verloren gehen. Durch strikte Befolgung der Regeln des heiligen Benedikt (ora et labora) sollten sich die Zisterzienser ausschließlich dem Gebet widmen und von ihrer eigenen Hände Arbeit leben. Einnahmen aus Verpachtung und Zinsen sowie die Erhebung des Zehnten lehnten sie zunächst ab. Abgeschiedenheit von der Welt und Einfachheit der Lebensweise waren ihre Grundideale.

War eines ihrer Klöster so groß geworden, dass diese Ideale gefährdet erschienen, so sandte man einen Teil der Mönche an einen neuen, noch unbewohnten Ort, an dem sich der Prozess der ersten Klostergründung wiederholte. Diese, Filiation genannte Vorgehensweise, führte dazu, dass sich Zisterzienserklöster über ganz Europa ausbreiteten, besonders stark in Gegenden, die sich in einem Stadium der Kolonisation befanden.

Zur Gründung eines Zisterzienserklosters gehörte in jedem Fall ein Grundherr, der den Mönchen in rechtlich verbindlicher Form das Eigentum an den Ländereien ihres Klosters verbriefte und im Kriegsfall für den Schutz desselben aufkam. Dafür bekam er reiche Gegenleistung: Die Mönche machten das Land urbar, sorgten für den Ausbau von Handel und Handwerk, verbreiteten die Steinbaukunst und übernahmen die Funktion des Gesundheitswesens und der Schule.

Zisterzienser in Brandenburg

Es ist nicht verwunderlich, dass die rivalisierenden Reichsfürsten auf dem Gebiet Brandenburgs auch in der Ansiedlung von Zisterzienserklöstern miteinander konkurrierten. Hatten die Askanier Lehnin als ihr Hauskloster mit fürstlicher Grablege gegründet, so taten die Wettiner ein gleiches in ihrem Kloster Dobrilugk. Auch das Erzbistum Magdeburg unter Erzbischof Wichmann trachtete danach, sein neu erworbenes Gebiet im südlichen Fläming – das man mit Einwanderern aus Flandern besiedelt hatte, daher übrigens der Name – durch Zisterziensermönche entwickeln zu lassen und gründete 1170 ein Kloster nahe dem alten wendischen Dorf Czinnow. Aus dem slawischen Ortsnamen leitete sich der Name Zinna für das erste Zisterzienserkloster östlich der Elbe ab.

Geschichte des Klosters

Dreizehn Mönche aus dem rheinischen Altenberg siedelten sich unter der Führung von Abt Theodorius in der sumpfigen Nuthe-Niederung an. Die Mönche waren zunächst damit beschäftigt, das Land trocken zu legen und urbar zu machen und werden deshalb anfangs nur in einfachen Holzhäusern gelebt haben. Auch die erste Klosterkirche muss man sich als Holzbau vorstellen. Eine zeitgenössische Quelle berichtet vom Exil der Mönche im Jahre 1179 in Jüterbog, wohl aufgrund der Auseinandersetzung von Erzbischof Wichmann mit dem Sachsenherzog Heinrich dem Löwen, bei der Heinrich auch die im Fläming ansässigen Wenden gegen ihren Landesherrn aufgestachelt hatte. Der genaue Ablauf dieser Ereignisse bleibt im Dunkeln, jedenfalls wurde der Abt des Klosters erschlagen und die Klosterbauten höchstwahrscheinlich zerstört, sonst hätten die Mönche nicht in Jüterbog Zuflucht gesucht. Die Errichtung steinerner Gebäude in Zinna ist demnach erst einige Jahre nach diesem Vorfall denkbar.

Bau der Klosterkirche

Die nächste urkundliche Erwähnung des Klosters ist von 1226, wobei leider unklar bleibt, ob sich dieses Datum auf den Beginn des Neubaus oder die Weihe nach Vollendung desselben bezieht. Die heute existierende mächtige Feldsteinbasilika mit ihrem äußerst akkuraten Mauerwerk ist offensichtlich in einem Guss entstanden. Alle stilistischen Merkmale wie gedrückt spitzbogige Tür- und Fensteröffnungen, die ausgefeilte Quaderung der Steine und die bauzeitlichen Einwölbungen in den Seitenschiffen, den Nebenchören und im südlichen Querschiff verweisen daher eher auf eine Errichtung nach 1230. Davor befand sich das Kloster in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, 1229 wurde sogar die komplette Aufgabe und der Umzug auf den Barnim erwogen. Durch den Erwerb mehrerer Dörfer dortselbst und insbesondere der Kalksteinbrüche von Rüdersdorf um 1235 besserte sich jedoch die wirtschaftliche Lage, so dass man die aufwändigen Bauarbeiten endlich beginnen konnte. Die finanziellen Schwierigkeiten erklären vielleicht auch die Wahl von Feldstein als Baumaterial, während die beiden konkurrierenden Zisterzienserbauten in Lehnin und Dobrilugk – gefördert durch ihre Landesherren – von Anfang an aus Backstein errichtet wurden.

Detailaufnahme des Feldsteinmauerwerkes. Die Stoßfugen wurden so gut wie möglich um einen halben Stein versetzt. Das Mauerwerk ist so exakt ausgeführt, dass keine schmalen, plattigen Ergänzungssteine in den Stoßfugen eingesetzt werden mussten, wie das häufig an Bauwerken minderer Ausführungsqualität der Fall war.
Detailaufnahme des Feldsteinmauerwerkes. Die Stoßfugen der Quader wurden, wann immer möglich, in der nächsten Lage um einen halben Stein versetzt. Das Mauerwerk ist so exakt ausgeführt, dass es keiner Verzwickelungen mit schmalen Ergänzungssteinen bedurfte, wie das häufig an Bauwerken minderer Ausführungsqualität der Fall war.

Mit zwei Ausnahmen ist die gesamte Kirche mit Schiff, Seitenschiff, Querschiff mit Nebenchören, Chor und Apsis einheitlich im Stil der dritten Phase der brandenburgischen Romanik entstanden (2. Drittel des 13. Jh.), wobei die wesentlich exaktere Ausführung als in dieser Zeit üblich gewiss auf das überlegene Können einer Klosterbauhütte zurückzuführen ist. Früher datieren könnte man nur das Untergeschoss der Westfassade, das aus dem nur einseitig bearbeiteten Steinmaterial der Frühzeit besteht und mit einer Leiste vom Obergeschoss abgeteilt wird, sowie die archaischen Gewölbe der Nebenchöre, eventuell handelt es sich dabei um Relikte des Vorgängerbaus. Die polygonale Apsis und die ebenso ummantelten Nebenchöre stellen in Brandenburg eine seltene Besonderheit dar – im Innern sind diese Bauteile dagegen, wie üblich, halbrund ausgeführt.

Wachstum des Klosterbesitzes

Mit dem Bau der Kirche ging ein kontinuierliches Wachstum des Klosterbesitzes einher. Dem Landgewinn im engeren Kloster-Umkreis folgten in den Jahren ab 1230 umfangreiche Erwerbungen auf dem Barnim, 90 km nordöstlich von Zinna. Dabei kam man immer mehr von der zisterziensischen Armutspraxis ab: Einnahmen aus Verpachtung, Zinsen und Steuern bildeten nun die ökonomische Basis des Klosters. Bis zu seiner Blütezeit im 15. Jh., in der es die Patronatsrechte über zwanzig Mutter‐ und elf Filialkirchen ausübte, erwarb das Kloster 75.000 Morgen Land und 39 Dörfer, betrieb Mühlen, Pechhütten, Ziegeleien, Salzpfannen und einen Eisenhammer. Es beutete Bodenschätze wie die Rüdersdorfer Kalksteinbrüche aus, wo der zur Herstellung von Kalkmörtel so begehrte Kalkstein herkam. In vielen bedeutenden Städten der Region (z. B. Berlin, Strausberg und Zinna) besaß das Kloster Stützpunkte, sogenannte Stadthöfe, zur Ausübung von Handel und politischer Präsenz. Das Gebäude des Stadthofes in Jüterbog existiert heute noch.

Ende des Klosters durch die Reformation

Das Ende von Zinna kam mit der Reformation: Chroniken, Urkunden und Kleinodien wurden nach Magdeburg gebracht, 1553 verließ der letzte katholische Abt das Kloster. Nur einmal noch flackerte hier religiöses Leben auf: Nach 1648 wurde es bis 1665 Domizil des zum Katholizismus konvertierten Markgrafen Christian Wilhelm von Brandenburg (dem früher protestantischen Bischof von Magdeburg), der hier – inmitten von Protestanten – ein krypto-katholisches Leben bis zu seinem Lebensende führte. Danach gerieten die Klostergebäude in Verfall. Als Friedrich der Große 1764 die Weberkolonie Zinna gründete, wurden die Kolonistenhäuser aus Abbruchmaterial des Klosters errichtet. Lediglich die Klosterkirche, die zur Pfarrkirche der Weberkolonie wurde, drei spätgotische Gebäude (Neue Abtei, Siechenhaus und Zollhaus) und Reste der Klausur ließ man bestehen.

Besichtigung der Klosteranlage

Äußeres der Kirche

Man nähert sich der Klosterkirche und ihren ältesten Gebäudeteilen von Südosten: Unter dem merkwürdig tief heruntergezogenen Dach an der Ostseite des Querschiffs liegen auf jeder Seite zwei Nebenchöre. Ihre (polygonalen) Apsiden besitzen je ein Rundbogenfenster, während die Hauptapsis drei Spitzbogenfenster aufweist. Das gewölbte Innere der Nebenapsiden wird, zusammen mit dem Unterbau der Westfassade, von manchen als ältester Teil der Basilika angesehen, der u. U. auf das Ende des 12. Jh. zurückgehen könnte.

Zinna Klosterkirche: Ostseite mit Apsis und den vier polygonalen Nebenapsiden.
Zinna Klosterkirche: Ostseite mit Apsis und den vier polygonalen Nebenapsiden. Zeichnung aus „Inventar der Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg“ von R. Bergau, Berlin 1885, Vossische Buchhandlung, gemeinfrei

Die Giebel von Chor und Querhaus sind abgetreppt und besitzen gedrückte Spitzbogenfenster. Wie auch bei vielen anderen Zisterzienserkirchen steht auf der Vierung ein schlanker Dachreiter. Auf der Südseite des Querhauses findet sich ein Spitzbogenportal, eine höher gelegene Pforte aus der Gotik, die von der Kirche ins ehemalige Dormitorium führte, sowie im Giebel ein rundes und zwei spitzbogige Fenster. Die Südwand des Seitenschiffes ist fensterlos, weil hier einst der Nordflügel des Kreuzgangs angebaut war, in den ein kleines Portal führte. Die Wand des Hauptschiffes ist mit gedrückt spitzbogigen Fenstern durchbrochen.

Zinna Klosterkirche: Hauptschiff und Querschiff Nordseite.
Zinna Klosterkirche: Hauptschiff und Querschiff Nordseite.
Zinna Klosterkirche: Nordportal im Querschiff.
Zinna Klosterkirche: Nordportal im Querschiff.

Die Westfassade ist nach den Regeln der Zisterzienser turm- und schmucklos gehalten mit drei Fenstern, von denen nur die beiden spitzbogigen original sind. Das abgetreppte, sehr sorgfältig gemauerte spitzbogige Portal ist aus der Achse nach rechts versetzt, wahrscheinlich war es ein Zugang für Laien von außerhalb der Klausur. Wir betreten die Kirche heute durch das erwähnte Portal im südlichen Querschiff, das aus der (jetzt abgerissenen) Klausur ins Innere führt und befinden uns dann in einem verputzten, schmucklosen Raum, der noch ganz die nüchterne Strenge des Zisterzienserordens atmet.

Zinna Klosterkirche: Westfassade mit zwei originalen Spitzbogenfenstern und dem ebenfalls spitzbogigen Portal,.
Zinna Klosterkirche: Westfassade mit zwei originalen Spitzbogenfenstern und dem ebenfalls spitzbogigen Portal, neben dem älteres Mauerwerk mit nur einseitig behauenen Findlingen erkennbar ist.

Innenraum

Im Querschiff fallen zunächst die – nur in Zinna zu findenden – tonnengewölbten niedrigen Nebenchöre auf, deren Apsiden – obwohl außen dreiseitig polygonal – im Innern verblüffenderweise rund ausgebildet sind. Über eine Treppenstufe erreicht man den Chor, in dem wertvolle Kunstwerke stehen: Reste des gotischen Chorgestühls, ein gotischer Sakramentsschrank und ein einzigartiges Schriftfeld aus eingelegten Tonfliesen, die je einen Buchstaben tragen. Zusammengesetzt ergibt die Schrift ein lateinisches Ave Maria und stammt aus frühgotischer Zeit. In der Apsis, die trotz ihres sechsseitig polygonalen Äußeren innen ebenfalls rund ist und zu der es eine weitere Stufe aufwärts geht, steht der aus Ziegeln gemauerte Altar aus der Erbauungszeit. Die Gewölbe in Chor, Querschiff und Seitenschiffen sind noch frühgotisch, während die spätgotischen im 7-jochigen Mittelschiff durch ihre Leichtigkeit einen reizvollen Kontrast zu den niedrigen gedrückt-spitzbogigen Arkaden darstellen. Die Gewölbekonsolen in den Seitenschiffen sind mit seltenen Stuckornamenten aus der Bauzeit verziert.

Zinna Klosterkirche: Schiff Blick nach Westen.
Zinna Klosterkirche: Schiff Blick nach Westen.
Zinna Klosterkirche: Chor Blick zur Apsis nach Osten.
Zinna Klosterkirche: Chor Blick zur Apsis nach Osten.
Keramikfliesen mit den Einzelbuchstaben des lateinischen Ave Marias.
Keramikfliesen mit den Einzelbuchstaben des lateinischen Ave Marias. Pfrn. Madeleine Langhans (Evangelisches Pfarramt Luckenwalde & Kloster Zinna) [CC BY-SA 3.0]

Weitere Klostergebäude

Von der Klosterklausur existiert als einziges noch ein Rest des Konversenflügels im Westen. Die Konversen, mindere Brüder ohne Theologiestudium und Priesterweihe, waren für die Arbeit im Kloster verantwortlich und somit die tragende Säule des Klosterlebens. Oft betrug ihre Anzahl ein Vielfaches derjenigen der studierten Brüder. Zum Arbeiten war ihnen auch das Verlassen des Klosterbereichs gestattet. Ihr Schlaf- und Essbereich war von dem der geweihten Mönche strikt getrennt. Der erhaltene Bauteil aus dem 13. Jh. nahm im Erdgeschoss das Refektorium (Speisesaal) und im Obergeschoss das Dormitorium (Schlafsaal) auf. In einiger Entfernung von der Klausur befindet sich im Südosten der Klosteranlage ein gut erhaltener Gebäudekomplex aus spätgotischer Zeit. Er besteht aus dem prächtigen Abtshaus (jetzt Museum mit sehenswerten spätgotischen Wandmalereien), dem Siechenhaus (links) und dem Gästetrakt (rechts).

Grundriss

Klosterkirche Zinna, Grundriss
Klosterkirche Zinna, Grundriss nach Georg Dehio, gemeinfrei.

Infobox


Adresse

Empfohlene Route

Südliche Route

Offizielle Website

Stadt Jüterbog – Museum Kloster Zinna