Linthe und Niederwerbig

Abstecher über Linthe nach Niederwerbig

Von der Autobahn A9 empfiehlt sich an der Abfahrt Linthe ein Abstecher (etwa 6 km) zur interessanten Dorfkirche von Niederwerbig.

Alternativ können die Kirchen auch von Treuenbrietzen (Südwestliche Route, ca. 6 km) in einem Abstecher – oder aber auf der Rückreise nach Berlin – besucht werden, dann allerdings in umgekehrter Reihenfolge.

Dorfkirchen Linthe und Jeserig/Mühlenfließ

Von der Autobahn kommend durchquert man Linthe. Schon dort befindet sich, sehr schön innerhalb des Friedhofs auf einer Anhöhe gelegen, eine Feldsteinkirche vom Anfang des 13. Jh.

Dorfkirche Linthe. Ansicht von Norden.
Dorfkirche Linthe. Ansicht von Norden.

Die ursprünglich vierteilige Anlage hat durch spätere Umbauten allerdings ihren Chor und die Apsis eingebüßt, so dass nur noch die Nordseite des Schiffs mit vier originalen Rundbogenfenstern und einem spitzbogigen Gemeindeportal sowie das untere Drittel des Westriegels an die Gründungszeit um 1220 erinnern. Mit vier originalen Rundbogenfenstern und einem gedrückt spitzbogigen Gemeindeportal ist sie allerdings sehr eindrucksvoll.

Dorfkirche Linthe. Nordwand des Schiffes mit originalen Fenstern und der Gemeindepforte.
Dorfkirche Linthe. Nordwand des Schiffes mit originalen Fenstern und der Gemeindepforte.

Nur etwa 3 km Kilometer weiter, in Jeserig/Mühlenfließ, steht auf dem Kirchhof die einteilige Saalkirche mit Dachreiter, die exemplarisch die letzte Bauphase des Feldsteinbaus im 15. bzw. 16. Jh. repräsentiert: Mit großen, nur einmal gespaltenen und ansonsten ungequaderten Feldsteinen, die mit einer Unmenge von Granit- und Backsteinsplittern „verzwickelt“ sind und mit einem hohen Anteil von Mörtel zusammengehalten werden.

Dorfkirche Jeserig-Mühlenfließ
Dorfkirche Jeserig-Mühlenfließ, Ansicht von Nordost.

Dorfkirche Niederwerbig

Dorfkirche Niederwerbig. Ansicht von Südwest.
Dorfkirche Niederwerbig. Ansicht von Südwest.

Am Rande des kleinen Ortes, umgeben von der alten, jetzt aber stark verfallenen Kirchhofsmauer, liegt die verhältnismäßig stattliche dreiteilige Dorfkiche. Die von einem Dachreiter aus Backstein gekrönte Westfassade mit ihrem monumentalen, abgetreppten Portal gibt sich gleich auf den ersten Blick als neoromanisch zu erkennen und in der Tat beweist ein historisches Foto von 1891, zu sehen auf einer (auf unserer Route so raren) Infotafel – dass die Kirche bis dahin eine flämingtypische Anlage vom Typ Dangelsdorf war. Sie bestand aus dem Schiff mit aufgesetztem Dachreiter aus Fachwerk, aber mit massiver Westwand, dem Chor und der Apsis.

Dorfkirche Niederwerbig. Fotografie von 1891, gemeinfrei.
Dorfkirche Niederwerbig. Fotografie von 1891, gemeinfrei.

Bei der Renovierung um die Jahrhundertwende aufgrund von Baufälligkeit führte man die Westfassade zur Hälfte in Feldstein neu auf. Dabei verwendete man maschinell bearbeitete Feldsteine, daher die überaus akkurate Quaderung. Außerdem setzte man einen massiven Turm auf den in Backstein gemauerten Giebel. Das westliche Rundbogenportal in der Südwand des Schiffs ist ebenfalls aus dieser Zeit und dient als Aufgang zur Westempore. Die nach Osten gewandten Giebel (einer in modernen Ziegeln, der andere in spätmittelalterlichem Feldsteinwerk) und die erneuerte Dachzone von Schiff und Chor lassen auf frühere schwere Kriegszerstörungen schließen, worauf auch die jetzige Dorfrandlage des Kirchhofs deutet.

Originale Bestandteile

Beim Rundgang um die Kirche gibt es jedoch noch viel Originales zu entdecken. Auch in den alten Partien besticht das saubere Quaderwerk, die Südseite des Schiffs weist ein stattliches, beeindruckend scharfkantiges und in der Fläche geglättetes Spitzbogenportal auf, das einmal abgetreppt ist, während sich auf der Nordseite ein ebenso akkurates, aber rundbogiges und nur einfaches Portal befindet. Beide Öffnungen wurden durch das neue Westportal überflüssig und durch Halbvermauerung zur Belichtung der Erdgeschosszone des Schiffs umgestaltet.

Dorfkirche Niederwerbig. Südseite des Schiffs.
Südseite des Schiffs.
Dorfkirche Niederwerbig. Nordseite des Schiffs.
Nordseite des Schiffs.

Die originalen Fenster lassen sich unter den barocken Umbauten noch erahnen. Eines ist, obwohl vermauert, noch original erhalten, so dass man aus den erhaltenen Resten auf vier auf jeder Seite schließen kann, wie wir es in Borne ebenfalls antreffen werden. Im Chor befinden sich je zwei (im Barock leicht überformte) Öffnungen, in der Apsis die klassische Dreifenstergruppe, auch sie korbbogig verändert und mit Putzfaschen versehen.

Dorfkirche Niederwerbig. Chor Südseite.
Chor Südseite: Vermauerte Priesterpforte hinter dem Rosenstock.
Dorfkirche Niederwerbig. Apsis von Nordost.
Apsis von Nordost. Barockfenster mit Putzfaschen.

Einzigartige Priesterpforte

Die größte Besonderheit von Niederwerbig ist jedoch die heute hinter einem Rosenstock verborgene und vermauerte Priesterpforte, deren runder Bogen aus einem einzigen, enormen Granitblock gefertigt ist!

Dorfkirche Niederwerbig, Priesterpforte.
Priesterpforte mit akkuratem Rundbogen aus einem einzigen Feldstein und Begleitbogen.
Dorfkirche Niederwerbig, Priesterpforte.
ebenda

Das ist auf den Routen der Romanik völlig einmalig und wert, dass man die Pflanze durch Stutzen im Zaum hält oder, falls sie nicht eine ähnliche Geschichte wie der berühmte Hildesheimer Rosenstock hat, einfach an eine besser geeignete Stelle auf dem großen und leeren Kirchhof versetzt.

Inneres

Das nüchtern-protestantische Innere enthält bis auf freigelegte Reste von spätmittelalterlicher Wandmalerei mit einer Darstellung von Adam und Eva nichts altes mehr. Der Triumph- und der Apsisbogen sind rundbogig und lassen (zusammen mit dem Spitzbogenportal) den Schluss auf eine Bauzeit Ende des ersten Drittels im 13. Jh. zu.


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