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Lage
Ein besonderes Juwel der Bauten im Umkreis des Klosters Dobrilugk stellt die nur 4 km entfernte Dorfkirche von Lindena dar. Sie liegt am Südwestrand des langgestreckten Dorfangers, auf dem mit einer Feldsteinmauer umgebenen und durch eine mittelalterliche Toranlage zugänglichen Friedhof.
Das Dorf ist von Teichen umgeben, die durch die Flutung von Braunkohlegruben des 19. Jh. entstanden. Der Hammerteich am Ortsrand stammt dagegen noch aus dem Mittelalter, hier befand sich die Grube zur Gewinnung von Raseneisenstein für den Kirchenbau.
Baugeschichte
Lindena war im Besitz des Klosters Dobrilugk und vieles deutet darauf hin, dass auch die Dorfkirche von den Mönchen erbaut wurde. Sie ist eine vierteilige Basilika mit Westriegel, Mittel- und zwei Seitenschiffen sowie einschiffigem Chor und Apsis, eine für Dorfkirchen sehr aufwändige und seltene Anlage.
Für die Urheberschaft des Klosters sprechen die Verwendung von Backstein als Baumaterial, die Mehrschiffigkeit und die reichen Schmuckformen an der Apsis.
Begonnen wurde der Bau jedoch unter Verwendung von Naturstein: Apsis und Chor bis auf einen Meter Höhe, die kompletten Seitenschiffe und die halbe Höhe des Turms bestehen aus unregelmäßigen Quadern aus Raseneisenstein. Dann erst erfolgt der Wechsel des Baumaterials auf Ziegelsteine im Klosterformat, die mit Sicherheit aus der Bauhütte des Klosters stammen.
Romanische Details
Die Eingänge liegen auf der Südseite, eine rundbogige, mit einer Putzfasche versehene abgetreppte Gemeindepforte führt ins Seitenschiff und eine (jetzt durch die Vorhalle im verlängerten Seitenschiff verdeckte) Priesterpforte in den Chor. Beide Türen haben noch ihre originalen Eisenbeschläge.
Auffällig ist die ungewöhnlich geringe Fensteranzahl, im Chor auf jeder Seite nur eines, im Obergaden des Mittelschiffs je zwei. Durch je vier Rundbogenfenster in den Seitenschiffen kam dennoch genug Licht ins Innere. Erst mit dem Einbau einer Empore nach der Reformation entstand der Bedarf nach größeren Fenstern, der aber in Lindena nicht in einer Verschandelung des ganzen Bauwerks mündete. Auf der Südseite wurden korbbogige Barockfenster anstelle der romanischen in die Wände von Schiff und Chor gebrochen, während auf der Nordseite im Haupt- und Seitenschiff alles original geblieben ist, ein Mittelschiffsfenster wurde allerdings verkleinert.
Auch in der Apsis befinden sich noch die drei originalen Fenster, hier allerdings in gedrückt spitzbogiger Form. Hinzu kommt noch ein sehr schöner romanischer Schmuckfries unter dem Dachansatz der Apsis, der sicherlich von der Bauhütte von Dobrilugk beeinflusst ist. Er besteht aus einem von schwarzgebrannten Ziegeln eingefassten Deutschen Band und einem Rundbogenfries.
Turm
An den westlichen Ecken des Querriegels sind zwei massive Stützpfeiler angemauert, die auf statische Probleme des Turms hindeuten. Wahrscheinlich entstanden diese durch das Aufsetzen des gotischen Glockengeschosses mit großen gotischen Schallöffnungen und zwei Ziergiebeln. Ein Teileinsturz der Westwand ist aus dem ungeordneten und inhomogenen Mauerwerk der Westfassade abzulesen, das durch die hastige Ausbesserung entstand. Bekanntermaßen ist Raseneisenstein kein besonders widerstandsfähiges Material, es ist so weich, dass man es mit den bloßen Fingern abreiben kann.
Innenraum
Das Innere ist komplett eingewölbt, ebenfalls eine Rarität bei Dorfkirchen: Das übliche Kalottengewölbe (Halbkuppel) in der Apsis, ein Kreuzrippengewölbe im Chor, zwei Kreuzrippengewölbe im Mittelschiff, denen jeweils vier kleine kuppelige Kreuzgewölbe in den Seitenschiffen entsprechen.
Apsis- und Triumphbogen sowie die Gewölbe sind spitzbogig ausgelegt. Ihre Anordnung folgt – wie auch in Dobrilugk – im großen und ganzen dem so genannten gebundenen System des Gewölbebaus. Die Seitenschiffe öffnen sich zum Hauptschiff mit vier spitzbogigen Arkaden.
Das Gewölbe der Apsis wurde 1897 neu ausgemalt, im nördlichen Apsisfenster hat sich noch ein frühgotisches, bemaltes Glasfenster erhalten. Aus der Bauzeit der Kirche stammt auch der Altar, während sein Aufsatz mit der Darstellung der 14 Nothelfer in die Zeit der Spätgotik gehört. Der Turm hat keinen separaten Eingang, er öffnet sich mit einem großen Bogen zum Mittelschiff und besitzt ein spätgotisches Zellengewölbe.
Datierung
Aufgrund des Baumaterials sowie der stilistischen Befunde wie z. B. das gleichzeitige Auftreten von Rund- und Spitzbögen und die Formensprache des Backstein-Schmuckfrieses kann man die Kirche von Lindena in die Zeit nach der Vollendung der Klosterkirche 1230 – 1250 datieren.
Raseneisenstein
Der Raseneisenstein in den unteren Lagen des Baumaterials der Kirche ist besonders mürbe, was für einen geringen Eisengehalt spricht. Im Rahmen eines Modellprojekts versuchte man, dem Hauptmangel dieses Baumaterials beizukommen und zwar durch dauerhafte Stabilisierung mit chemischen Hilfsmitteln. Steinfestiger und wasserabweisende Substanzen sollten in das Material eingebracht werden, zunächst mit wenig Erfolg.
Erst als man das Ganze durch bessere Tränkung der Steine (Fluten, Infusions- oder Mehrfachtränkung) wesentlich aufwändiger durchführte, erzielte man befriedigendere Ergebnisse. Parallel zu diesen Untersuchungen forschte man auch nach Ersatzmaterialien. Dabei entdeckte man eine noch nicht ausgebeutete Grube mit umfangreichem Vorkommen von Raseneisenstein, außerdem wurde in Zusammenarbeit mit einer Fachfirma ein künstliches Steinersatzmaterial entwickelt.
Infobox
Adresse
Empfohlene Route
Offizielle Website
Evangelische Zisterzienserklosterkirche Doberlug: Kirche Lindena